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AUER FUSSBALL HISTORISCH 1952/53 – eine Turbulente Saison in der es drunter und drüber ging

Am 23. November 1952 – vor 65 Jahren - mußte die Mannschaft von Wismut Aue nach Berlin zu Motor Oberschöneweide (ab 1966 1.FC Union) reisen. In einem zweitweise hochdramatischen Spiel siegten die Gäste mit 4-3 Toren. Maßgeblich für die Niederlage der Berliner war deren Abwehr. Sie fand

Das Auer Stadion Anfang der 1950er Jahre. In der Saison 1952/53 ging es drunter und drüber. Wismut spielte von 16 Heimspielen nur 12 im eigenen Stadion. Foto: Archiv Burg
in der ersten Halbzeit selten die Einstellung zum schnellen Auer Sturm. Zwar erkämpfte sich Motor bis zum Pausenpfiff eine sogenannte Feldüberlegenheit die jedoch nichts einbrachte außer der Ausgleich durch Ginzel (13.). Aue zog nach zwei Toren von Karl (18.) und Siegfried Wolf (25.) auf 3-1 davon. In der zweiten Halbzeit hatte Motor noch zu einen furiosen Endspurt ausgeholt (2-3), aber es fiel nach dem vierten Tor durch Karl Wolf (62.) nur noch ein Selbsttor vom Auer Paul Süß. War die Welt hier bei Wismut nach diesen 11. Saisonspiel – man stand auf einem guten 5. Tabellenrang - noch einigermaßen in Ordnung, so war das eine Woche später gegen den unangefochtenen Tabellenführer Motor Dessau ganz anders. Dessen unerhörter Siegeszug ging auch im Auer Lößnitztal vor 15.000 Zuschauern ungebremst weiter. Zwar war die Dessauer Defensiv-Taktik bei ihren 1-0 Auswärtssieg nicht schön aber wirksam. Die Gastgeber waren mitunter stark überlegen und hatten einwandfreie Chancen. Doch der Ball wollte einfach nichts ins Tor. Wäre es den Auern gelungen, zum Ausgleich zu gelangen, der sehr oft in der Luft hing und mehr als verdient gewesen wäre, hätten die Dessauer Gäste ihre Taktik ändern müssen. Das es nach Spielschluß leider zu grob unsportlichen Ausschreitungen einiger Zuschauer gegenüber dem Schiedsrichter und Gästespielern kam, war dies nicht nur bedauerlich sondern unverzeihlich.

Daran änderte auch nicht die Tatsache nichts, das der Schiedsrichter Spieß aus Hartha, der eigentlich als Linienrichter eingeteilt war aber dann für den nicht erschienenen eigentlichen Schiedsrichter Reinhardt (Berlin) die Leitung übernahm, dem Spiel nicht ganz gewachsen war. Er besaß den Mut im Hexenkessel von Aue auch Entscheidungen gegen Wismut zu treffen. Gleich bei zwei elfmeterverdächtigen Situationen im Dessauer Strafraum blieb die berühmte Handbewegung zum

1. Platzsperre nach dem Dessau Spiel. Quelle. Fuwo Nr. 52/ vom 23.Dezember.1952
Strafstoßpunkt aus. Das Ende vom Lied war eine Stadionsperre für die Oberliga Mannschaft von Wismut Aue in der Zeit vom 1. Dezember 1952 bis zum 15. Januar 1953. Alle in den Zeitraum der Platzsperre fallenden Heimspiele sind auf einem für Oberligaspiele geeigneten Platz in Chemnitz auszutragen hieß es in der Urteilsbegründung. Die folgenen drei Heimspiele gegen Lok Stendal (1-2), Motor Zwickau (3-1) und Chemie Leipzig (4-0) mußten somit im damaligen Chemnitzer Ernst-Thälmann-Stadion (dem heutigen Sportforum) ausgetragen werden.

Zum Jahreswechsel ins Jahr 1953 fand sich Aue nach 14 Punktspielen und mit 15:13 Punkten auf einem 10. Tabellenrang wieder. Schaute man auf die Tabelle fiel einem sofort die ungleiche Anzahl der gespielten Spiele auf. Tabellenführer Motor Dessau hatte 25:5 Punkte bei 15 Spielen. Zweiter war Vorjahresmeister Turbine Erfurt mit 18:14 Punkten bei 16 Spielen und der Dritte die Volkspolizei Dresden stand bei 17:11 Punkte und 14 gespielten Partien. Schon zu diesen Zeitpunkt war die Spieltagsgestaltung eine Farce. Eine gesunde und prinzipielle Planung des Spielbetriebes war für den Spielausschuß mit Sitz in Grünau ein Fremdwort. Wismut Aue trug, nur als Beispiel von vielen, seine vier Punktspiele gegen Stahl Thale und Vorwärts KVP Leipzig/Berlin alle in der

Ansetzungs-Wirrwarr in der DDR Oberliga 1952/53. Fuwo Nr. 18/1953 vom 05.Mai.1953
Rückrunde aus. Daneben mußte man im Februar und März 1953 nicht weniger als fünf Mal in Folge auswärts antreten. Die Bilanz aus dieser Auswärts-Serie konnte sich aber mit 3 Siegen, 1 Remis und nur einer Niederlage jedoch sehen lassen.

Am 19. April 1953 kam es zum Spitzenduell gegen Dresden. Der Tabellenführer (33:19 Pkt.) wurde sieben Tage zuvor in SG Dynamo Dresden umbenannt und Aue hatte sich trotz aller Querelen und Hindernissen auf einen sehr guten dritten Platz (32:22 Pkt.) in der Tabelle nach vorne gerobbt. Keine Frage das, das Erzgebirge an diesen Sonntag den bisher größten Tag in der Saison erlebte. Das Otto-Grotewohl Stadion war regelrecht überfüllt. Tausende umsäumten dazu die umliegenden Hänge vom Stadion. Wenn auch die Wismut Fans nicht den erhofften Sieg erlebten, der leistungsmäßig gerechtfertig gewesen wäre, so dürften sie sich aber doch darüber gefreut haben, das der Sturm der Auer durch die wieder erstmalige Mitwirkung von Willy Tröger (nach fast einmonatiger Sperre) zu alter Form zurückgefunden hatte. Die weit über 25.000 Zuschauer sahen ein Spiel das auf hohen Nivau stand und indem Wismut bewies das der gute Tabellenplatz nicht von ungefähr kam. Mit dem am Ende 1-1 Unentschieden blieb es vorne in der Tabelle weiter spannend.

Eine Woche später, Ende April 1953, gewann Wismut durch ein Tröger Tor nach 20 Minuten mit 1-0 in Thale und war Dritter punktgleich mit dem Ersten Dessau und Zweiten Dynamo Dresden. Aue hatte zwar ein Spiel weniger ausgetragen als die beiden Kontrahenten, doch Wismut hatte ja noch den

Spielplakat vom Derby gegen Lauter. Foto: Archiv Burg
Faustpfand von gleich 3 Heimspielen in den letzten 3 Saisonspielen. Das Erste verlieren sie am Himmelfahrtstag gegen Absteiger Oberschöneweide. Innerhalb von 17 Minuten ließen sie sich nach einer 3-0 Führung nach 51 Minuten noch mit 3-4 schlagen! Deswegen sah man mit Skepsis auf die beiden letzten Heimspiele gegen Vorwärts KVP Berlin und Rotation Babelsberg. Aue war auf den fünften Platz zurückgefallen. Aber das hatte gar nichts zu bedeuten, weil die Tabelle im Grunde ständig „schief“ war. Einen richtigen Spielplan gab es eigentlich gar nicht mehr. Motor Dessau trug in der Zeit vom 19. April bis zum 12. Mai kein einziges Punktspiel aus und kam somit völlig aus den Rhythmus. Die Tabellenführung war futsch. Wismut empfing am Pfingstsonntag den 24. Mai die Mannschaft von Vorwärts KVP Berlin. Die Armee-Mannschaft wurde erst einige Wochen zuvor von Leipzig in die Hauptstadt „befohlen“ und spielte die Saison im Stadion an der Cantianstraße zu Ende. Witzigerweise trugen sie dort ihr erstes Spiel am Karfreitag gegen Wismut Aue aus und verloren mit 2-4. Beim Rückspiel leisteten beide Mannschaften bei 30 Grad Wärme einen kräfte- und nervenaufreibenden Einsatz. Das 2-2 war aus Berliner Sicht glücklich und dem hervorragenden Gästekeeper Jaschke zu verdanken. Lange lagen sie mit 1-2 in Front, ehe Siegfried Wolf für Aue zehn Minuten vor dem Ende zum zweitenmal traf. Mit einem verwandelten Handelfmeter (15.) hatte er die Gastgeber in Führung gebracht, diese aber die Gäste durch Wolf (25.) und Weigel (32.) in ein 1-2 drehten. Nach dem Spiel legten die Gäste Protest ein. Aues Abwehrspieler Helmut Geuthner rettete in der 87. Minute, beim Stand von 2-2, im Fallen auf der eigenen Torlinie. Der Ball soll die Torlinie schon überschritten haben oder zumindest doch vom Auer mit der Hand berührt worden sein.

Urteil für die 2. Platzsperre. Mitteilung Nr. 44 aus Amtliches der Sektion Fußball vom 9. Juni 1953. Quelle: Fuwo Nr. 23/1953
Schiedsrichter Kastner aus Dahlewitz ließ, da auch der Linienrichter nicht reagierte, weiterspielen. Schon zuvor hatte er keinen leichten Stand auf dem Spielfeld. Gleich drei Tore – zwei für Aue und eins für die Berliner – erkannte er wegen Abseits nicht an.

Dem Protest wurde in der Verhandlung vom 29. Mai 1953, nur zwei Tage vor dem Saisonfinale, stattgegeben und das Spiel für ungültig erklärt. Eine recht merkwürdige Entscheidung. Zeitgleich lief noch ein Auer Protest aus dem verlorenen Heimspiel gegen Oberschöneweide, der jedoch abgeschmettert wurde. Dagegen wurde das Stadion bis zum 27. Juli 1953 für die 1. und Reservemannschaft von Aue gesperrt. Das Spiel gegen Vorwärts sollte am 21. Juni 1953 in Cottbus (16 Uhr) wiederholt werden. Auch das schon für den 31. Mai angesetzte Heimspiel gegen Rotation Babelsberg wurde verlegt auf den nun 3. Juni – 17.30 Uhr. Am 31. Mai spielten dann, wie angesetzt, Dynamo Dresden in Dessau und gewann mit 3-1. Und Vorwärts KVP Berlin gewinnt ihr letztes Spiel mit 2-1 und vermasseln den Zwickauern (am Ende 37:27 Pkt.) die Chance auf den Titel. Diese sind stinksauer, weil aus ihrer Sicht der Berliner Ausgleich ein Abseitstor gewesen sein soll. Obwohl die Saison für 14 Mannschaften beendet ist, hat Aue noch zwei Spiele auszutragen und kann Meister werden. Die Dresdner mit 38:26 Punkten müssen tatenlos zusehen. Das Erste Endspiel gewinnt Aue bei strömenden Regen wegen der Platzsperre in Babelsberg mit 2-0. Die Gastgeber (wurden am Ende Zwölfter) spielten nicht mehr mit voller Konzentration auf. Die Tore für Aue schossen Kurt Viertel und Karl Wolf. Jetzt kam es auf das letzte und neuangesetzte Wiederholungsspiel gegen Vorwärts an. Ein Sieg und Aue wäre zum ersten Mal Meister der DDR-Oberliga. Aber es kam anders. Sechs Tage vor dem Spiel in Cottbus hatte der Rechtsausschuß der Sektion Fußball in seiner Verhandlung vom 15. Juni 1953 in Halle/Sa. zu der Berufung von seiten Wismut Aue zum Urteil vom 29. Mai Stellung genommen und festgelegt das das Spiel vom 24. Mai in seiner Wertung von 2-2 bestehen bleibt. Als Grund wurde angegeben das nach Pragraph 5 der internationalen Fußballregeln eine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters vorlag. Die Platzsperre vom 29. Mai bis 27. Juli 1953 blieb aber bestehen. Außerdem gab es noch eine Geldstrafe für Aue in Höhe von 25.- Mark wegen fehlenden und mangelhaften Ordnungsdienst. Somit waren Aue und Dresden mit je 38:26 nach 32 Spielen punktgleich. Damals zählte das Torverhältnis noch nicht und es gab ein Entscheidungsspiel. Dieses konnte Dresden am 5. Juli 1953 vor 40.000 Zuschauern im Berliner Walter-Ulbricht-Stadion mit 3-2 in der Verlängerung für sich entscheiden. (Burg)



Auer Fussball Historisch zum nachlesen
1987-Spielausfall gegen Brandenburg

1987-Europapokalspiel in Island

1987-Aues letzter Auftritt im Europapokal

1972/73-Elferspezialist Dietmar Pohl

1982-Höchster Sieg gegen Zwickau
Geschrieben von Burg am 27.11.2017, 21:45   (1712x gelesen)