Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1994/95

Spielbericht

5. Spieltag - Sonntag, 28.08.1994 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - Spandauer SV 5:0 (1:0)

FC Erzgebirge Aue: Jörg Weißflog - Jörg Palke, Maik Faßl, Moudachirou Amadou - Frank Rietschel, Boris Lucic, Francis Makaya (68. Jörg Leonhardt), Jens Haustein, Jens Kempe - Daniel Sonner, Danilo Kunze (68. Enrico Heim); Trainer: Lutz Lindemann

Spandauer SV: Michael Schramm - Öcal Sarikaya (66. Sven Thamke), Jörg Niederhübner, Bernd Henklein, Andreas Boldt - Dusko Adamovic, Sedat Güldüm, Martin Zimmer (76. Steffen Borkowski), Hassan Chaabo - Sven Kretschmer, Bernd Jopek; Trainer: Norbert Stolzenburg

Tore: 1:0 Danilo Kunze (4.); 2:0 Danilo Kunze (47.); 3:0 Enrico Heim (70.); 4:0 Jörg Leonhardt (81.); 5:0 Enrico Heim (87.)

Schiedsrichter: Stefan Weber (Eisenach)

Zuschauer: 2100

Gelbe Karte: - / Dusko Adamovic, Andreas Boldt

Veilchen im siebenten Himmel

Die Auer Veilchen schweben im siebenten Fußballhimmel. Nach fünf Spieltagen in der neuen Regionalliga führt der FC Erzgebirge Aue mit 8:2 Punkten allein die Tabellenspitze an. Die Mannschaft ist gegenüber dem Vorjahr nicht wiederzuerkennen. Neben solider Arbeit hat das Team von Coach Lutz Lindemann vor allem im kämpferischen und spielerischen Bereich deutlich zugelegt. Dies zeigte es gestern auch beim überaus deutlichen 5:0 gegen den Spandauer SV.

Aues Jens Kempe scheitert hier an Spandaus Torhüter Michael Schramm. Foto: Frank Kruczynski

Die Früchte, die vor zwei Jahren gesät worden sind, reifen immer mehr. Was die Truppe gestern in den zweiten 45 Minuten den über 3000 Zuschauern bot, erinnert an beste Auer Fußballzeiten. Phasenweise spielten sich die Veilchen in einen wahren Rausch. Besonders erfreulich - Lindemann verfügt neben seinem Stammaufgebot über gleichwertige Einwechsler. So konnte sich Enrico Heim - gerade zwei Minuten im Spiel - über sein erstes Veilchentor (3:0/70.) freuen. Die Vorarbeit hatte der erneut glänzend aufgelegte Boris Lucic geleistet. Mit Jörg Leonhardt erzielte elf Minuten später der zweite ein- gewechselte Spieler das 4:0.

Die Partie selbst begann mit Dauerdruck der Gastgeber. Vergab Daniel Sonner nach drei Minuten noch die Chance zum Führungstor, erzielte Danilo Kunze eine Minute später das 1:0, Lucic hatte sich gegen drei Berliner auf Linksaußen durchgesetzt und Kunze spitzelte den Ball durch die Beine von Torwart Schramm. Danach kontrollierten die Erzgebirgler die Partie. Spandau versteckte sich zwar nicht, aber echte Torchancen besaßen die Gäste keine. Mit dem 2:0 von Kunze sofort nach Wiederanpfiff - erneut war Lucic mit einem Solo der Vorbereiter - gelangten die Erzgebirgler endgültig auf die Siegesstraße.

Veilchen-Coach Lindemann zollte nach Spielschluß der äußerst fairen Berliner Mannschaft ein Lob und konstatierte: "Wir haben jetzt dreimal in Folge gewonnen. Diese Serie wollen wir solange wie möglich fortsetzen. Meiner gesamten Mannschaft gehört heute ein Extralob." Lothar Bösecke, Freie Presse, 29.08.1994

Coach Lindemann: "So habe ich es mir immer erträumt."

Da sage noch einer, Sachsen und Preußen könnten nicht miteinander. 0:5 hatten die Berliner vom Spandauer SV. soeben in der Regionalliga beim FC Erzgebirge verloren, da drückten sie den Auern ein dickes Blümchen aufs Revers. "Für diese Mannschaft", formulierte Manager Pepi Schlesiona, "hat es sich gelohnt, mal Gegner zu sein." Dann bedankte er sich noch für eine Gastfreundschaft, "die keinesfalls üblich ist und Niveau hat".

Die Verantwortlichen vom FC Erzgebirge Aue: Helge Leonhardt, Lutz Lindemann und Uwe Leonhardt. Foto: Mopo

Ging das schon runter wie Öl, setzte Trainer Norbert Stolzenburg noch eins drauf und wünschte schon mal prophylaktisch alles Gute, "falls ihr aufsteigen solltet". Dabei mußte er die Stimme heben, um von allen verstanden zu werden, und wunderte sich: "Ich hätte nicht gedacht, daß Pressekonferenzen so viel Publikum haben können." Tja, so ist das in Aue, beim neuen Tabellenführer, der die Fans wieder in Scharen anzieht und auch die Kugelschreiber der Reporter unwillkürlich lila-weiß färbt. Worin liegt nun das Geheimnis der für viele unerwarteten Veilchen-Blüte? Die Mannschaft ist ausgeglichener besetzt als im Vorjahr, speziell auf den Außenpositionen und im Sturm auch besser. Doch das Wichtigste: Die Chemie zwischen den Spielern stimmt wieder. "Gegen Erfurt hätten wir mit der alten Elf verloren", glaubt Trainer Lutz Lindemann, der die Initialzündung auf das 3:3 in Leipzig datiert, als ein 1:3 aufgeholt wurde. Noch ein typisches Beispiel: "Auf der Fahrt nach Zehlendorf habe ich zum ersten Mal im Bus ein Lied gehört." Lindemann hält Aufstiegs-Ambitionen für verfrüht, räumt aber ein: "So, wie's jetzt ist, habe ich es mir immer erträumt." Tino Künzel, Dresdner Morgenpost, 30.08.1994