Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1994/95

Spielbericht

19. Spieltag - Samstag, 11.02.1995 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - FC Sachsen Leipzig 1:2 (0:1)

FC Erzgebirge Aue: Jörg Weißflog - Jens Kempe, Maik Faßl, Jörg Palke - Thorsten Pöhland (57. Jörg Leonhardt), Jens Haustein, Frank Rietschel (55. Moudachirou Amadou), Jan Schmidt - Daniel Sonner, Boris Lucic, Mirko Ullmann; Trainer: Lutz Lindemann

FC Sachsen Leipzig: Thomas Köhler - Jens Kahdemann, Frank Nierlich, Steffen Hammermüller, Carsten Sänger - Mario Nickeleit, Torsten Feetz, Jens König - Carsten Klee, Uwe Saalbach, Hans-Jörg Leitzke; Trainer: Joachim Steffens

Tore: 0:1 Mario Nickeleit (15.); 0:2 Mario Nickeleit (54.); 1:2 Boris Lucic (64.)

Schiedsrichter: Bernd Robel (Briesen)

Zuschauer: 5000

Gelbe Karte: Boris Lucic, Jörg Palke / Mario Nickeleit, Uwe Saalbach

Gelb/Rote Karte: - / Frank Nierlich (86.)

Vergebener Elfmeter: - / Carsten Klee (Foulelfmeter, 47., gehalten von Jörg Weißflog)

Tränen der Enttäuschung beim FCE

Aue unterliegt Tabellenführer Sachsen Leipzig in hochdramatischer Partie

Des einen Freud, des anderen Leid - so und nicht anders waren die Gefühle in der anschaulichen Zuschauerkulisse (darunter etwa 1000 Schlachtenbummler aus Leipzig) des Erzgebirgsstadions nach dem 1:2 des FC Erzgebirge gegen Sachsen Leipzig zu beschreiben. Freudentänze und Umarmungen gab es bei der siegreichen Sachsenelf, Tränen der Enttäuschung bei den völlig depremierten Auer Spielern in der Kabine.

In einer kampfbetonten Partie schenkten sich der momentane Spitzenreiter der Regionalliga und die Lindemann-Elf auf tiefem, schlammigem Rasen nichts. Aue mußte auf den derzeitigen Torjäger Kunze (nach Rot gesperrt) verzichten. Aber auch Leipzig hatte seinen nominellen Libero Baum zu ersetzen. Dazu kam, daß auf Auer Seite Bley verletzungsbedingt (Muskelfaserriß) fehlte und Amadou sowie Ullmann mit leichten Magenerkrankungen aufliefen.

So gab es für den Auer Trainer wenig Alternativen bei der Aufstellung, zumal Makaya infolge Länderspielberufungen (Kongo) nicht zur Verfügung stand. Dessen ungeachtet entwickelte sich ein hochinteressantes Match, das anfangs so- gar Aue mit leichten Feldvorteilen bestimmte. Nach einem Pfostenknaller vom Leipziger Klee hatte man durch Ullmann und Faßl zwei gute Schußchancen, die allerdings knapp das Gästetor verfehlten. Ausgerechnet in diese Phase gelang der Sachsenelf nach einem Freistoßableger das Führungstor. Die flache Eingabe konnte der Ex-Auer Nickeleit im Strafraumgewühl zum 1:0 nutzen - im Liegen drückte er den Ball über die Auer Torlinie. Diese frühe Gästeführung verunsicherte die Platzherren, die kein Mittel gegen das nun defensive Spiel von Leipzig fanden. Ein Kopfball von Schmidt und ein 25-Meter-Gewaltschuß von Kempe, beide nur knapp am Tor vorbei, waren die weiteren Chancen auf Auer Seite in der ersten Halbzeit.

Die zweite Hälfte begann mit einem Paukenschlag. Der nicht immer sicher wirkende Referee zeigte auf den Auer Elfmeterpunkt. Weißflog hatte versucht, gegen den Leipziger Stürmer Klee zu klären. Dessen spektakulärer "Schwalbenflug" wurde mit Foulstrafstoß belohnt. Der Auer Torhüter aber verhinderte dieses "Gastgeschenk" und hielt mit Bravour. Doch diese Szene rüttelte nicht nur die Lindemanntruppe auf, auch die Sachsen stemmten sich vehement gegen den nun zu erwartenden Auer Ansturm.

Jörg Weißflog hält souverän: Nach der Parade des Elfmeters für Leipzig keimte bei Aue nochmals Hoffnung auf. Foto: Hanke

Wieder war der Ausgangspunkt ein Freistoß, wieder war Nickeleit zur Stelle, diesmal per Kopf, und erzielte das 2:0 für die Gäste. Ganze 30 Minuten verblieben den Veilchen, um das Spiel noch zu drehen. Trainer Lindemann setzte nun auf totale Offensive und brachte mit Amadou und Leonhardt neuen Schwung ins Spiel. Und tatsächlich begann der Spitzenreiter zu wanken. Nach erneutem Schmidt-Kopfball und tollem Schrägschuß von Leonhardt konnte Köhler im Gästetor noch großartig reagieren. Doch in der 65. Minute war auch er machtlos. Kempe trat einen Freistoß für Aue, die Kopfballablage von Faßl konnte Lucic per Flugkopfball in die Leipziger Maschen drücken. Aue drängte nun auf den Ausgleich. Aber teilweise zu stereotyp vorgetragen waren die Angriffe - die Abwehr der Leipziger blieb auf dem Posten. Selbst aus einem klaren Eckenverhältnis von 13:4 konnte man kein entscheidendes Kapital schlagen. Lediglich ein gefährlicher Drehschuß von Sonner aus 16 Metern brachte in der 78. Minute Gefahr.

Im letzten Aufbäumen der Platzbesitzer entstanden in der bislang sicheren Leipziger Abwehr plötzlich Riesenlöcher. Kempe ließ an der rechten Seite den herausstürzenden Sachsenkeeper aussteigen und überflankte das Tor. Irgendwie kam der Ball wieder in den Gästestrafraum und landete vor Sonner. Aus sieben Meter Entfernung jagte er den Ball über das leere Gehäuse. Das war sieben Minuten vor Spiel- ende die Riesenchance zum nicht mal unverdienten Ausgleich. Auch Ullmann und Lucic hatten bis zum Abpfiff noch gute Chancen, die aber sich in die Schußbahn werfende Abwehrspieler vereitelten. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 13.02.1995

Parallelen zum Vorjahr

Aus meiner Sicht, von Jürgen Ullmann

Nach der klaren Heimniederlage in der Hinrunde gegen Jena mußte der FC Erzgebirge Aue erneut zwei Pluspunkte einem vermeintlichen Staffelfavoriten, diesmal Sachsen Leipzig, überlassen. Ähnlich wie im Vorjahr wird der Veilchen-Elf zwar guter Fußball bescheinigt, aber letztlich scheiterte sie am großen Erwartungsdruck.

Die Region fordert den bezahlten Fußball - viel wurde dafür in den letzten Jahren getan. Dazu gehört die sicher nicht billige Erhaltung des guten vorhandenen Umfeldes und die großzügige Unterstützung der inzwischen 105 Unternehmen oder Firmen, die Fußball-Aue finanziell unter die Arme greifen. Es ist kein Geheimnis, daß man im nächsten Jahr in den bezahlten Fußball aufsteigen will. Trainer Lutz Lindemann und das Präsidium des FC Erzgebirge sind sich darin einig, daß die spielerische Substanz derzeitig nicht ausreicht, um solch ein ehrgeiziges Ziel zu erreichen. Jeder konnte am Sonnabend exakt mitverfolgen, daß es am Willen der Mannschaft nicht gelegen hat, denn kämpferisch wurde alles gegeben. Doch spielerisch ist man einfach nicht in der Lage, den hohen Erwartungsdruck in Erfolge umzumünzen. So wird man sich um personelle Neubesetzungen bemühen müssen. Dies werde, so Präsident Uwe Leonhardt, in sachlich sportlicher Manier geschehen. "Wir werden keinen Spieler vor den Kopf stoßen betonte er. Ebenfalls werde man aber den Weg in den bezahlten Fußball kontinuierlich weiterverfolgen.

So wurde den Veilchen, auch vorgestern gegen Leipzig, wiederum das Zeugnis ausgestellt, guten Fußball zu spielen. Doch für Schönheit gibt es keinen Preis! Nun gilt es, klar zu analysieren und mit sportlichem Anstand die weiteren Punktspiele zu absolvieren. Genug Arbeit für Lutz Lindemann, denn wer am Sonnabend in die Gesichter der Auer Spieler sah, kann sich vorstellen, was der Trainer an "Seelenmassage" zu leisten hat. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 13.02.1995