Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1994/95

Spielbericht

32. Spieltag - Samstag, 20.05.1995 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - Bischofswerdaer FV 0:3 (0:1)

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Frank Rietschel, Moudachirou Amadou, Jörg Palke, Uwe Vogel - Jens Kempe, Francis Makaya, Jens Haustein (58. Enrico Heim) - Jörg Leonhardt, Mirko Ullmann, Danilo Kunze; Trainer: Lutz Lindemann

Bischofswerdaer FV: Thomas Weidner - Andreas Diebitz, Falk Kunze, Mario Kleditzsch, Tilo Kosmetschke - Andreas Hain, Mario Kreibich (87. Guido Magdeburg), Stefan Hoßmang - Tino Gottlöber, Fred Wonneberger, Peter Pordzik (87. Daniel Heßler); Trainer: Jörg Bär

Tore: 0:1 Peter Pordzik (43.); 0:2 Andreas Hain (54.); 0:3 Falk Kunze (85.)

Schiedsrichter: Detlef Lehmann (Dresden)

Zuschauer: 1000

Gelbe Karte: Moudachirou Amadou, Jens Haustein / Andreas Diebitz

Neunzig Minuten Peinlichkeiten

"Der FC Erzgebirge setzte heute den I-Punkt auf eine verkorkste Rückrunde" - so lautete das kurze Fazit von Trainer Lutz Lindemann nach der 0:3-Niederlage der Auer im Regionalliga-Punktspiel gegen Bischofswerda. In der Tat: Was den immerhin noch 1000 Zuschauern am Sonnabendnachmittag geboten wurde, stimmte bedenklich und läßt wenig Optimismus für die kommende Saison zu. Aue begann zwar offensiv, doch hochkarätige Chancen blieben aus. Ein 20-m-Distanzschuß von Rietschel sowie ein Kopfball von Leonhardt nach Freistoß-Ablage von Haustein waren die einzigen erwähnenswerten Aktionen der Anfangsphase.

Die Gäste bekamen beizeiten die Schwierigkeiten der Auer beim Spielaufbau mit und starteten eigene Angriffsbemühungen. Nach einer Viertelstunde mußte sich Beuckert das erste Mal strecken und einen Gottlöber-Schuß entschärfen. In der 35. Minute gab es die erste klare Chance für die Veilchen. Ullmann nutzte eine Kempe-Flanke zu einem sehenswerten Volleyschuß, der sein Ziel aber um Zentimeter verfehlte. Die Gäste lauerten auf Fehler der Auer Elf, die ihnen an diesem Tag gleich mehrfach geboten wurden. Kurz vor dem Halbzeitpfiff profitierte Bischofswerda von Unstimmigkeiten in der Abwehr des FCE. Da der Ball nicht aus dem Strafraum befördert werden konnte, landete das Streitobjekt plötzlich beim Gegner. Und Pordzik hat keine Mühe, aus zehn Metern, völlig freistehend, ins Tor zu treffen.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit mühte sich Aue um den Ausgleich. Offensiv agierend, aber ohne Konstruktivität und auch ohne die erforderliche Absicherung in der Abwehr, blieb vieles nur Stückwerk. Eine Spielweise, die dem Gegner sehr gelegen kam und förmlich zu einer Kontertaktik einlud. Bereits zehn Minuten nach Wiederbeginn zappelte der Ball erneut im Auer Netz. Kreibich spazierte durch den Auer Strafraum und paßte ungehindert auf den freistehenden Hain zurück. Der trifft aus zehn Metern ins linke untere Toreck. Beuckert blieb keine Chance zur Abwehr.

Die nun ungestümen und teilweise hilflosen Angriffe der Veilchen konnten die sattelfeste Abwehr der Gäste nicht ernsthaft gefährden. Bezeichnend war die 67. Minute. Ullmann setzte halblinks gleich zwei Verteidiger mit schönem Solo matt, um dann in aussichtsreicher Schußposition zu versagen. Der erwartete Torschuß wurde eher eine "Rückgabe" für Bischofswerdas Torwart Weidner. So etwas wie Torgefährlichkeit blitzte eigentlich nur auf der Rechtsaußenposition auf, wo Kempe immer wieder mit Flanken versuchte, das Abwehrbollwerk der Gäste zu überwinden. Seine Eingaben wurden aber von den Auer Stürmern kaum genutzt. Lediglich Ullmann setzte immer wieder zum Kopfball an. In der 82. Minute verhinderte der Gästetorwart mit Faustabwehr einen Kopfballtreffer des Auer Stürmers. Der Abpraller sprang vor Heims Füßen, der diese gute Chance aber kläglich vergab.

Die "Schiebock"-Elf, mit dem sicheren 2:0 im Rücken, konterte munter weiter. Fünf Minuten vor dem Schlußpfiff rettete Beuckert gegen Pordzik, doch im Nachsetzen verwertete Falk Kunze den Abpraller zum dritten Treffer für Bischofswerda. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 22.05.1995

Aue, erwache!

Aus meiner Sicht, von Jürgen Ullmann

Jörg Bär, der Trainer der Bischofswerdaer Elf, war sehr glücklich über einen klaren Auswärtserfolg über einen Gegner, den er, wie er nach der Partie versicherte, wesentlich stärker erwartet hatte. "Ich habe die sprichwörtlich bekannten Auer Tugenden - Mannschaftsgeist und Kampfkraft - heute vermißt", schrieb er den Auern auf die Fahnen. Auch das Statement von Lutz Lindemann gab keinen Anlaß zu Optimismus: "Viele Spieler genügen nicht mehr den Ansprüchen der Regionalliga. Trotzdem kann ich mir die heutige Leistung nicht erklären!"

Sicher, das Fehlen einiger verletzter Stammspieler machte sich bemerkbar. Dennoch kann und darf das für derartige Leistungen keine Entschuldigung sein. In einer Phase, wo nach dem Tabellenstand jeglicher sportlicher Druck längst nicht mehr vonnöten ist, sollte eigentlich frei und unbekümmert aufgespielt werden. Doch genau das Gegenteil ist der Fall! Erzeugen die momentanen Vertragsverhandlungen Unsicherheit? Das ist nur zu vermuten. Neben der fehlenden körperlichen Frische, die zum Saisonende eher als gegeben hingenommen werden muß, überrascht besonders die psychologische Instabilität der Aktiven selbst. In einer Zeit, wo die "sportlichen Messen gelesen sind", sollte zukunftsweisend gespielt werden. Ohne nervlichen Druck und in Anbetracht des noch immer treuen Auer Publikums auch zuschauerfreundlich. Doch nach der sportlichen Magerkost läuft man Gefahr, das Umfeld und die Anhängerschar eher noch zu vergraulen.

Das alles sind im Moment keine guten Vorzeichen für eine neue Saison, die - das ist sicher - überhaupt nicht leichter werden wird. Viele Fragen müssen Präsidium, Vorstand und die Mannschaft selbst in den nächsten Tagen konstruktiv beantworten. Denn zur Zeit deutet alles darauf hin, daß der FC Erzgebirge mit Saisonstart 1995/96 wieder einmal nahezu bei "Null" anfangen wird. Und das ist eine Entwicklung im Auer Traditionsverein, die mehr als bedenklich stimmt! Jürgen Ullmann, Freie Presse, 22.05.1995