Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Oberliga Nordost, Staffel Süd 1993/94

Spielbericht

9. Spieltag - Samstag, 16.10.1993 - 14:00

FSV Zwickau - FC Erzgebirge Aue 2:1 (0:1)

FSV Zwickau: Bernd Stettinius - Sirko Pohl, Arnd Spranger, André Barylla, Torsten Viertel, Udo Tautenhahn, Steffen Kubatzky, Bernd Tipold, Ralf Wagner - Jens Heineccius (46. Thomas Leonhardt), Gabriel Bertalan; Trainer: Gerd Schädlich

FC Erzgebirge Aue: Jörg Weißflog - Jan Schmidt, Detlef Müller, Moudachirou Amadou - Frank Rietschel (75. Maik Faßl), Thorsten Pöhland (57. Volker Schmidt), Ronald Färber, Boris Lucic - Mirko Ullmann, Mirko Reichel, Daniel Sonner; Trainer: Lutz Lindemann

Tore: 0:1 Boris Lucic (23.); 1:1 Gabriel Bertalan (53.); 2:1 Bernd Tipold (69.)

Schiedsrichter: Eckhard Escher (Altenfeld)

Zuschauer: 3885

Gelbe Karte: Steffen Kubatzky, Bernd Tipold, Torsten Viertel / Frank Rietschel, Moudachirou Amadou, Ronald Färber, Mirko Ullmann

Rote Karte: - / Detlef Müller (42.)

Veilchenkicker um Punkt gebracht

Das 74. Westsachsenderby zwischen dem FSV Zwickau und dem FC Erzgebirge Aue erlebte die Rekordkulisse von fast 4000 Zuschauern. Rekordverdächtig auch die Verteilung der gelben und roten Karten. Insgesamt zeigte der sehr kleinlich pfeifende Schiedsrichter Eckhardt Escher aus Altenfeld siebenmal gelb und einmal rot. Auf Auer Seite erhielten Amadou, Rietschel, Färber und Ullmann gelb, Libero Detlef Müller bekam für eine nicht eindeutige Situation in der 42. Minute die rote Karte, ohne daß der Routinier vorher verwarnt oder ermahnt worden war.

Trainer Gerd Schädlich (Zwickau, links) mit Trainer Lutz Lindemann (Aue, rechts). Foto: Frank Kruczynski

Daß für beide Vertretungen viel auf dem Spiel stand, wußte jeder, dementsprechend ging es auch zur Sache. Dem Mann in Schwarz muß man aber, bei aller Bedeutung des Spiels eine einseitige Regelauslegung für die Gastgeber bescheinigen. Das bewies eindeutig die 73. Spielminute. Mirko Ullmann war frei durchgelaufen und wurde vom Zwickauer Keeper Bernd Stettinius im Strafraum umgehauen. Anstatt den klaren Elfmeter zuzugeben, bestrafte Escher den Auer Stürmer mit gelb.

Die Begegnung begannen beide Teams sehr couragiert. Zwickau besaß in den ersten 20 Minuten mehr vom Spiel, ohne sich jedoch klare Tormöglichkeiten zu erarbeiten. Die 0:1-Führung für den FC Erzgebirge Aue besorgte in der 23. Mi- nute Boris Lucic. Einen Paß von Kapitän Ronald Färber schmetterte der Auer Mittelfeldspieler direkt aus 20 Metern unhaltbar ins rechte untere Eck. Die Gastgeber zeigten sich danach nervös. Bereits fünf Minuten später hätte Mirko Ullmann mit 0:2 erhöhen können. Sein Kopfball nach Eingabe von Mirko Reichel strich jedoch knapp am Zwickauer Gehäuse vorbei. Nachdem Schiedsrichter Escher zwischen der 31. und 37. Minute viermal gelb verteilte (zwei auf jede Seite) schickte er Müller drei Minuten vor dem Halbzeitpfiff vorzeitig zum Duschen.

In den zweiten 45 Spielminuten gab es einen stürmischen Beginn der Zwickauer. Jörg Weißflog konnte im Stil eines Klassetorwarts nach 52 Minuten einen Kopfball von Spranger noch aus dem Dreiangel holen. Eine Minute später war der Auer Keeper gegen den unbedrängt zum Kopfball kommenden Bertalan machtlos. In dieser Phase gelangen den Gästen mit zehn Spielern nur noch gelegentlich Konterangriffe. Mit dem Ausgleich im Rücken setzten die Gastgeber nochmals alles auf eine Karte. Bernd Tipold schaffte 20 Minuten vor Spielschluß das 2:1. Nach einer schnellen Freistoßausführung reagierte der Zwickauer im Auer Strafraum aus einer Spielertraube am schnellsten und schob das Leder über die Linie.

In der 73. Minute kam es zu einer schon beschriebenen Situation, als Mirko Ullmann frei auf Stettinius zulief, von ihm gefoult wurde und der Strafstoßpfiff ausblieb. Der FC Erzgebirge Aue setzte während der letzten zehn Minuten alles auf eine Karte. Torwart Jörg Weißflog gab seinen Posten auf, wurde zum zehnten Angreifer. Zwischen der 88. und 90. Spielminute erarbeiteten sich die Gäste fünf Eckbälle. Der sicherlich hochverdiente Ausgleich fiel aber nicht mehr.

Trainer Lutz Lindemann sah man nach Spielschluß die Enttäuschung im Gesicht an: "Wir sind hier her gekommen, um zu gewinnen. Nach dem Platzverweis konnten wir den Druck nicht mehr standhalten. Mit zehn Mann kann man nicht beim Spitzenreiter gewinnen. Die Moral meiner Truppe war ausgezeichnet." Vizepräsident Helge Leonhardt kündigte auf der anschließenden Pressekonferenz weitere Spielerverstärkung für Aue an: "Wir werden zur Halbserie noch ein oder zwei spektakuläre Kicker nach Aue holen." RL, Freie Presse, 18.10.1993

Trainerstimmen:

Gerd Schädlich (Zwickau): "Unser Sieg geht in Ordnung. Nach einer guten Startphase hatten wir unsere Linie nach dem 0:1 verloren. Wenn die Auer ihre Konter vor der Pause besser ausgespielt hätten, wäre sogar ein zweiter Gegentreffer möglich gewesen. Nach dem Seitenwechsel hatten wir die klar besseren Spielanteile, konnten mit viel Druck über die Außenpositionen, wo in der ersten Halbzeit Sirko Pohl und Jens Heineccius unter ihren Möglichkeiten blieben, das Blatt noch wenden. Neben Thomas Leonhardt, der viel Schwung ins Spiel brachte, möchte ich aus einer kompakten Mannschaft noch André Barylla und Steffen Kubatzky herausheben, die den gefährlichen Auer Stürmern keine Entfaltungsmöglichkeiten ließen. Trotzdem möchte ich betonen, daß unser heutiger Gegner keinesfalls vier Punkte schlechter ist, wie es die Tabelle gegenwärtig zum Ausdruck bringt."

Lutz Lindemann (Aue): "Wir sind nach Zwickau gekommen, um zu gewinnen. Daß wir das Können dazu haben, konnten wir lange Zeit sehr gut nachweisen. Nach dem Platzverweis für Detlev Müller, den ich von meiner Seite nicht kommentieren möchte, haben wir den Spielfaden völlig verloren und dem Zwickauer Druck nicht mehr standgehalten. Mit zehn Akteuren kann man beim Spitzenreiter nicht gewinnen."

Keine Standortbestimmung

Aus meiner Sicht, von Jürgen Ullmann

Das 74. Westsachsenderby zwischen Zwickau und Aue am Sonnabendnachmittag sollte zur Standortbestimmung der Gästefußballer aus dem Erzgebirge werden. Der Anfang zeigte deutlich, daß beide Teams nicht umsonst nur zwei Punkte voneinander getrennt waren. Hier trafen gleichstarke Mannschaften aufeinander. Die nicht unverdiente Auer Führung, die aus einer sicheren Abwehr Konterfußball anbot, nährte die Hoffnung auf ein erfolgreiches Auswärtsspiel. Doch dann kam in der ersten Halbzeit die spielentscheidende Szene, die auch noch nach dem Spiel die Gemüter erhitzte. Gemeint ist der Feldverweis des Auer Spielers Detlef Müller. Bei der Spieleinschätzung auf der anschließenden Pressekonferenz gab Trainer Lutz Lindemann klar zu verstehen, daß er zu der roten Karte keinen Kommentar abgeben wolle. Verständlich, denn keiner der anwesenden Journalisten und Offiziellen beider Vereine konnte das Vergehen, das zum Ausschluß des Auer Spielers führte, präzisieren. Mit Ausnahme des Zwickauer Trainers Schädlich. Dieser hatte es genau gesehen und gab den Hinweis, daß man den Sünder doch fragen solle, denn er wisse genau, warum!

Detlef Müller war natürlich nicht zur Pressekonferenz erschienen und dementsprechend nicht ansprechbar. Trotzdem ist die Behauptung des Zwickauer Coaches sehr kühn, denn er selbst stand an der anderen Spielhälfte und deshalb am weitesten entfernt vom Tatort. Egal, die sehr harte Entscheidung, die ohne jegliches Fingerspitzengefühl getroffen wurde, muß als solche hingenommen werden, da der Schiri wenige Meter entfernt stand. Lutz Lindemann schlußfolgerte dann auch richtig, daß man mit zehn Mann gegen den Spitzenreiter chancenlos ist. Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Führung hätte nur mit viel Glück und einem tatsächlich unparteiischen Unparteilichem, behauptet werden können. Das war nicht so, denn der nicht gegebene klare Elfmeter kurz vor Spielende für Aue brachte den klaren Beweis. Deshalb Kopf hoch, den Blick nach vorn gerichtet! Diese Niederlage sollte keine Nachwirkung hinterlassen. Denn die Saison ist noch sehr lang.