Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1994/95

Spielbericht

21. Spieltag - Samstag, 04.03.1995 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - Hertha 03 Zehlendorf 2:0 (0:0)

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Jörg Palke, Maik Faßl, Moudachirou Amadou - Jens Kempe, Jens Haustein, Jan Schmidt, Boris Lucic, Daniel Sonner (87. Ronny Thielemann) - Mirko Ullmann (53. Jörg Leonhardt), Danilo Kunze; Trainer: Lutz Lindemann

Hertha 03 Zehlendorf: Norbert Henkel - Faton Bingazi, Mario Waldow, Robert Kovac, Alf Fistler - Ingo Schlösser, Carsten Schleite, Peter Kaehlitz, Murat Kaba - Daniel Lehmann (62. Frank Pastor), Jörg Blüthmann; Trainer: Thomas Grunenberg

Tore: 1:0 Danilo Kunze (65.); 2:0 Ronny Thielemann (90.)

Schiedsrichter: Stefan Weber (Eisenach)

Zuschauer: 1600

Gelbe Karte: Jan Schmidt, Daniel Sonner, Mirko Ullmann / Alf Fistler

Mühsamer Arbeitssieg für Auer Veilchen

"Das war heute ein Sieg der Moral und des Glücks, das uns in den letzten Spielen verlassen hatte", kommentierte Trainer Lutz Lindemann nach der Regionalligapartie gegen Zehlendorf. Etwa 1600 Zuschauer hatten mit dem 2:0 den ersten Doppelpunktgewinn der Gastgeberelf nach der Winterpause erlebt.

Die Gäste aus Zehlendorf waren wie Aue mit schwachem Nervenkostüm ausgerüstet. So verlief die erste Halbzeit ohne spielerische Höhepunkte und ohne hochkarätige Chancen. Der Kontrahent störte beizeiten die Auer Angriffsbemühungen im Mittelfeld, so daß der Gastgeber nie zu seinem Spiel fand. Die FCE-Spitzen Ullmann und Kunze wurden präzise gedeckt, und auch die nachrückenden Lucic und Sonner setzten kaum nennenswerte Akzente. Ein 20-Meter-Schuß von Lucic, ein erfolgsverheißender Vorstoß von Haustein sowie ein Kunze-Schuß aus Nahdistanz, allesamt knapp neben das Gästetor, blieben in der ersten Halbzeit einzige Ausbeute aus Auer Sicht. Die Zehlendorfer kreuzten in der 11. Minute gefährlich vor dem Beuckert-Tor auf und profitierten fast von Unstimmigkeiten in der FCE-Abwehr. Sieben Minuten vor dem Halbzeitpfiff hatten sie durch ihren Libero Kovac nochmals eine gute Gelegenheit. Das war aber bereits alles, was beide Teams dem enttäuschten Publikum in der ersten Hälfte boten.

Die zweiten 45. Minuten konnten nur besser werden. Die Lindemann-Schützlinge verstärkten die Angriffsbemühungen im Mittelfeld. Ein Kopfball von Sonner wurde im letzten Moment von der Torlinie geschlagen. Als auch diese Offensivwelle des Platzbesitzers zu verebben drohte, wechselte Lindemann den noch um seine Form ringenden Mirko Ullmann gegen Jörg Leonhardt aus. Die Gäste witterten zunehmend Morgenluft und kreuzten mit einigen gefährlichen Kontern vor dem Auer Tor auf. Mit dem ehemaligen BFC-Akteur Frank Pastor wollte Zehlendorf den Angriffsdruck erhöhen. Mitten in diese Phase hinein gelang Aue in der 65. Minute der eigentlich erste sehenswerte Angriff. Über die rechte Seite setzte sich Kempe durch, sein genaues Zuspiel leitete Lucic an den urplötzlich freistehenden Kunze weiter. Der hatte keine Mühe, den Ball aus zehn Metern "einzulochen".

Endlich zog das Tempo an, denn die Gäste drängten auf den Ausgleich, öffneten damit Räume für Auer Konter. Erst entschärfte Beuckert einen gefährlichen Pastor-Kopfball, und fast im Gegenzug hatte Kunze das 2:0 auf dem Fuß, als sein Heber Torwart Henkel auf dem Posten sah. Danach verstolperte Leonhardt in aussichtsreicher Schußposition eine weitere Auer Chance. Auch ein 25-Meter-Schuß (75.) und ein 18-Meter-Knaller (80.) durch den formverbesserten Lucic verfehlten das Hertha-Gehäuse.

In der Schlußphase setzte der Gast alles auf eine Karte, Aue auf Konter. Einen nutzte der kurz zuvor eingewechselte Ronny Thielemann eiskalt zum 2:0, als er völlig freistehend flach aus acht Metern traf. Alles in allem ein verdienter Heimsieg für die Erzgebirger, auch wenn spielerisch diesmal viel daneben ging. Dennoch sollte dieser wichtige Heimsieg nützlich sein, das angekratzte Selbstwertgefühl einiger Auer Akteure wieder deutlich zu steigern. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 06.03.1995

Zentnerlast

"Im Sport gibt es keine Gerechtigkeit. Die bessere Elf hat verloren", erklärte ein wie gewohnt kritischer FCE-Trainer Lutz Lindemann nach der Auer Partie. Damit wollte er wohl einerseits den sichtlich enttäuschten Gästetrainer ein wenig trösten. Andererseits aber spielte er auf eine schmerzhafte Erfahrung an, die seine Elf in den Spielen zuvor am eigenen Leibe verspüren mußte: Gut gespielt und doch verloren! Am Sonnabend dagegen haben die Veilchen eine der bisher schwächsten Heimleistungen geboten und gewonnen!

Die vergangenen erfolglosen Spiele haben das Nervenkostüm vieler Akteure arg ramponiert. Harte Worte hat sich das "Häuflein Unglück" in der Halbzeitpause bestimmt anhören müssen, um zu begreifen, was das Auer Publikum von seinen Spielern erwartet. Die Pfiffe zur Halbzeit waren wohl nicht zu überhören.

In Schutz nimmt der Coach seinen jungen Stürmer Mirko Ullmann. "Man sieht doch, wie er sich zur Zeit quält. Doch er hat im Vorjahr gezeigt, daß er großes Talent besitzt. Er wird seine Form wiederfinden, und gerade deshalb sollte man einem 19jährigen Spieler auch einmal eine schwache Partie verzeihen!"

Das werden die Auer Anhänger mit Sicherheit können, nach dem 2:0-Erfolg umso mehr. Und Mirko Ullmann wird eine neue Chance erhalten. Die Mannschaft hat ohne Zweifel einen Sieg der Moral errungen und wird sicherlich auch wieder besseren, sprich zuschauerfreundlicheren, Fußball bieten. So gesehen darf man schon mal gespannt sein, wie sich die Veilchen nächste Woche beim Spandauer SV aus der Affäre ziehen. Denn man hatte den Eindruck, daß einigen Spielern jetzt eine "zentnerschwere Last" von den Schultern gefallen ist. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 06.03.1995