Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1999/00

Spielbericht

15. Spieltag - Samstag, 20.11.1999 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - FSV Zwickau 3:1 (2:0)


FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Enrico Barth, Udo Tautenhahn, Hagen Schmidt - Peter Heidler, Borislav Tomoski (80. Steffen Binke), Radek Sionko, Marek Nowacki (65. Marian Pagels), Petr Grund - Jörg Kirsten, Harun Isa (87. Steven Zweigler); Trainer: Gerd Schädlich

FSV Zwickau: René Groß - Fernando Rágne (46. Thorsten Viertel), Peter Keller, Radisa Radojicic - Alexander Besser, Ronny Jank, Torsten Ziegner, Holm Pinder, Stefan Bloß (72. Christian Puscas) - Andreas Hoppe, Rocco Milde; Trainer: Hans-Uwe Pilz

Tore: 1:0 Hagen Schmidt (4.); 2:0 Jörg Kirsten (34.); 3:0 Harun Isa (86.); 3:1 Ronny Jank (88.)

Schiedsrichter: Frank Binkowski (Berlin)

Zuschauer: 5800

Gelbe Karte: Hagen Schmidt (6.), Jörg Kirsten (2.), Marek Nowacki / Thorsten Viertel (3.), Radisa Radojicic (2.), Fernando Rágne (3.)

Lobeshymnen auf Stürmer-Duo

Gute Einkaufspolitik steht für Auer Höhenflug - Kirsten: "Schädlich hat Team im Griff"

Zwickau im Tal der Tränen. Der FC Erzgebirge in Euphorie. Mit einer beeindruckenden Serie von sieben Siegen in Folge, dazu noch der Pokaltriumph bei Dynamo Dresden, schwimmen die Auer gegenwärtig auf einer Erfolgswelle. Warum dies so ist, lässt sich leicht erklären. Nach Jahren der verfehlten Einkaufspolitik änderte sich dies mit Trainer Gerd Schädlich vor der Schicksalssaison gerade rechtzeitig. Nicht so oft wurden zuletzt neue Spieler im Lila-Trikot mit Sprechchören in die Kabine verabschiedet. Bei Harun Isa war dies am Samstag zurecht der Fall. Der gebürtige Albaner war kaum vom Ball zu trennen, was allerdings nicht immer Begeisterung bei seinem Trainer hervorrief: "Unsere Zauberfüße haben manchmal zu viel klein-klein gespielt", kritisierte Schädlich. Dennoch kann er auf die Mannschaft und sein Gespür für Verstärkungen stolz sein.

Neben Isa zeigte auch Jörg Kirsten in seiner unnachahmlichen Art, dass er trotz seiner 32 Lenze nach wie vor ein gutes Auge für den Mitspieler und zudem einen entsprechenden Torriecher besitzt. "Wir haben verdient gewonnen", stellte "Jockel" fest. Er verhehlte nicht, dass ihm die Entwicklung seines ehemaligen Vereins "schon etwas weh tut. Schließlich hatte ich zwei schöne Jahre in Zwickau." Doch an diesem Tag zählte nur ein Sieg gegen den Erzrivalen, Tabellenplatz zwei und weiter eitel Sonnenschein im Erzgebirge. Trotz des Höhenflugs bleibt der Routinier aber auf dem Teppich. "Die 3. Liga ist unser vorrangiges Ziel. Was mehr rauskommt, nehmen wir natürlich mit", formulierte er nur allzu Verständliches. Kirsten ist kein Freund der vielen Worte. Lieber "wühlt" er sich durch den gegnerischen Strafraum, steht plötzlich am richtigen Fleck und trifft. Warum das gegenwärtig so gut klappt? "Der Trainer macht viele Einzelgespräche. Er hat das Team gut im Griff", lobte Kirsten seinen Vorgesetzten. Zudem entpuppte sich Hagen Schmidt erneut bei Standards als Vollstrecker. Der Abwehrrecke sieht sich aber keineswegs in der Stürmerrolle. "Für die Tore haben wir Isa und Kirsten geholt", schmunzelte Schmidt und komplettierte damit die Ansammlung von Komplimenten an das Stürmer-Duo. Und die Präsidenten-Zwillinge Uwe und Helge Leonhardt freuten sich über drei Punkte, das schönste Geschenk zum 41. Geburtstag. Thomas Treptow, Freie Presse, Montag 22. November 1999

Tor-Geschenke und Fanjagd

Der programmierte Zündstoff in der Partie spiegelte sich in den Transparenten vor den Fan-Lagern wider: In der Auer Kurve war zu lesen: "... Nach 8 Jahren endlich Gerechtigkeit - FSV tot". Auch die Zwickauer ließen sich nicht lumpen: "Liga 2, 3 oder 4, unser Hassgegner bleibt Ihr", stand perfekt in neuer Rechtschreibung geschrieben. Weniger professionell ging es nach kurzer Zeit bei den FSV-Kickern zu. Nach einer Ecke von Peter Heidler beförderte der alleingelassene Hagen Schmidt das Leder volley ins linke Eck. Wenig später gab es anstatt Fußball eine Hetzjagd von Polizisten gegen zwei Zwickauer Anhänger, die über die Barriere gesprungen waren und auf den Platz umherirrten. Auf dem Rasen zeigte sich danach eine deutliche Überlegenheit der Auer, die selbstbewusster und zweikampfstärker agierten, meist aber nur über die rechte Seite viel Druck entwickelten. Beleg dafür waren Chancen von Harun Isa (13.), Radek Sionko (15.), und Jörg Kirsten (28.). Doch entweder zielten die Erzgebirger zu ungenau oder FSV-Keeper René Größ parierte. In der 35. Minute war er dann doch machtlos. Nach Zuspiel von Isa verwandelte "Jockel" Kirsten überlegt ins rechte untere Eck. Während Schmidt kurz darauf die 3:0-Führung per Kopf verpasste, war in der ersten Halbzeit nur eine Chance auf FSV-Seite zu verbuchen. Bei einem Flachschuss von Holm Pinder reagierte Sven Beuckert prächtig. In der zweiten Spielhälfte war sogar ein Aufbäumen auf FSV-Seite zu spüren. Trotz der widrigen Bodenverhältnisse auf Neuschnee versuchten die Westsachsen, besser zu kombinieren und das Anschlusstor zu markieren. Doch kurz vor dem Ende wurden erneut Gastgeschenke verteilt. Diesmal passte Kirsten auf Isa. Und der mit seiner guten Technik beste Mann auf dem Platz sorgte für das 3:0. Schließlich gelang Zwickau der verdiente Ehrentreffer durch Ronny Jank. Thomas Treptow, Freie Presse, Montag 22. November 1999

Genugtuung über Gerechtigkeit

FC Erzgebirge Aue bezwingt FSV Zwickau 3:1 - Veilchen in allen Belangen überlegen

Die Genugtuung unter den Anhängern des Auer Fußballs prangte in schwarzen Lettern auf einem großen weißen Spruchband von der Tribüne: ... nach acht Jahren endlich Gerechtigkeit! Acht Jahre nach dem Skandal auf der "Halde" hat der FC Erzgebirge Aue den FSV Zwickau sportlich wie wirtschaftlich überholt. Beim wohl vorerst letzten Derby im Lößnitztal zwischen den beiden Traditionsvereinen untermauerten die Veilchen mit einem jederzeit hochverdienten 3:1-Regionalligaerfolg ihre Vormachtstellung an der Mulde. "Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf", höhnte es aus der Auer Fankurve hinüber zu den Gästen. Und FCE-Präsident Uwe Leonhardt konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Aber wir wollen keine Häme ausschütten über Zwickau", sagte der FCE-Boss, der eben vor acht Jahren in Aue das Ruder übernahm und nun, just an seinem 41. Geburtstag, dieses erfreuliche Fazit ziehen konnte: "Wir haben den Verein geschlossen aufgebaut. Sponsoren und Fans sind ihm treu geblieben. Wenn es eng wurde, sind wir zusammengerückt. Jetzt ernten wir die Früchte unserer Arbeit." Für den siebenten Sieg in Folge mussten die Veilchen nicht einmal ihre spielerischen Qualitäten voll ausschöpfen, was auf dem tiefen Boden wohl gar nicht möglich war. Ein Auftakt nach Maß, indem Hagen Schmidt nach einer Heidler-Ecke den Ball volley in die Maschen jagte, und ein eiskaltes Sturmduo Kirsten/Isa, das sich gegenseitig die beiden nächsten Treffer vorbereitete, genügten gegen die krisengeschüttelte Gästeelf zum Erfolg. Manndecker Hagen Schmidt entwickelt sich immer mehr zum Torjäger. Das 1:0 war bereits sein vierter Saisontreffer. Damit hat er bereits zwei Spieltage vor Abschluss der Hinrunde genauso oft getroffen wie in der gesamten vergangenen Saison. Trotzdem vernachlässigt der Verteidiger seine Abwehraufgaben nicht. Die starke Defensivleistung des FCE mit dem souveränen Libero Udo Tautenhahn als letzten Mann schafft ja erst die Grundlage für die Erfolge. Auch wenn beim Gegentreffer kurz vor Schluss angesichts des sicheren Sieges die Konzentration schon etwas nachgelassen hatte Im Angriff war zwar diesmal von Marek Nowacki, dem Matchwinner von Magdeburg, nicht so viel zu sehen, dafür traten Jörg Kirsten und Harun Isa wieder ins Rampenlicht. Die beiden Stürmer erzielten ihren jeweils sechsten Saisontreffer für den FCE. Beim 2:0 wurde Kirsten von Isa freigespielt, beim 3:0 war es umgekehrt. "Jockel hat in der Kabine zur mir gesagt: In der zweiten Halbzeit leg ich dir einen auf. Und das hat dann ja auch prima geklappt", freute sich der Albaner, der seine Dribbelkünste trotz des tiefen Bodens zeigte. "Ich komm' auf Schnee sehr gut zurecht." Eine Genugtuung war der Derby-Erfolg jedenfalls auch für die Spieler, besonders für jene, die damals auf der "Halde" dabei waren, als Schlägertrupps die Auer Spieler attackierten. "Es ist schon etwas besonderes, gegen unseren Erzfeind zu gewinnen. Das Feeling ist noch da, was man ja auch auf den Rängen spürt. Egal wie kalt es ist, gegen Zwickau kommen immer besonders viele Zuschauer. Jetzt können wir gemeinsam jubeln", freute sich Enrico Barth, der als junger Bursche den Skandal in Zwickau miterlebt hatte und heute als Kapitän die Veilchen in der Regionalliga anführt. Uli Steudel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Montag 22. November 1999

Auszeit

Teure Zeche

Die Schwäne sind gerupft, die Symbolvögel des FSV Zwickau flügellahm wie der gesamte Verein. Unter Auer Anhängern herrscht Schadenfreude, kein Wunder, wenn man sich an die Bilder erinnert, die vom Abbruch des Derbys in Zwickau vor acht Jahren berichteten und an die milde Strafe, die folgten. Der Konkurs der Westsachsen ist hausgemacht. Wer über den Verhältnissen lebt, muss irgendwann die Zeche zahlen, Das Beispiel Zwickau sollte allen Vereinen eine Lehre sein. Beim FCE ginge es um mehr als um Profifußball und Prestige. Als Großverein mit vielen Abteilungen und breitgefächertem Jugendsport trägt der FCE sozial-politische Verantwortung, wie Präsident Uwe Leonhardt richtig erkannt hat. Uli Steudel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Montag 22. November 1999

Veilchen-Blätter

1.000 Mark überweist der FCE auf das Spendenkonto für die krebskranke Sandra aus Wilkau-Haßlau. Das Geld wurde vor dem Derby von den Zuschauern gespendet. Der Verein rundete auf eine vierstellige Summe auf. Geschäftsführer Lothar Schmiedel bedankte sich im Namen des FC Erzgebirge Aue bei allen Hilfsbereiten.

Frustriert, aber friedlich sind die Zwickauer Fans abgezogen. Wie die Polizei mitteilte, sei es nach dem Derby zu keinen Ausschreitungen gekommen. Lediglich etwas gebummelt haben die enttäuschten Gästefans. So konnte der Zug in Richtung Zwickau erst mit einer halben Stunde Verspätung starten.

Geburtstag feierten am Sonnabend die Leonhardt-Zwillinge: Vizepräsident Helge, der Ältere, und Präsident Uwe, der Jüngere, wurden 41 Jahre alt und werteten den Sieg gegen Zwickau natürlich als passendes Geschenk. Uli Steudel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Montag 22. November 1999