Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1999/00

Spielbericht

32. Spieltag - Mittwoch, 10.05.2000 - 19:00

FSV Zwickau - FC Erzgebirge Aue 2:1 (0:1)


FSV Zwickau: Robert Reschke - Radisa Radojicic, Karol Thaly, Fernando Rágne - Marcus Wieland, Alexander Köcher, Uwe Kramer, Khvicha Shubitidze, Alexander Besser (71. Sebastian Arzt) - Hans-Jürgen Weiß (88. Björn Düring), Ronny Jank; Trainer: Konrad Weise

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Hagen Schmidt, Steven Zweigler, Radek Sionko (71. Enrico Barth) - Marian Pagels, Holger Hasse, Borislav Tomoski (84. Falk Terjek), Pavel Vasicek, Petr Grund - Harun Isa, Jörg Kirsten (71. Peter Heidler); Trainer: Gerd Schädlich

Tore: 0:1 Harun Isa (45.); 1:1 Alexander Besser (54.); 2:1 Sebastian Arzt (90.)

Schiedsrichter: Mario Wehnert (Reichenbach)

Zuschauer: 3690

Gelbe Karte: Alexander Köcher / Steven Zweigler (6.)

Arzt verabreicht Aue bittere Pille

Zwickau stößt mit 2:1-Sieg FC Erzgebirge kurz vor dem Spielende ins Tal der Tränen

Der FSV Zwickau ist in der Fußball-Regionalliga die Mannschaft der Stunde. Das bekam gestern im 87. Derby auch der alte Erzrivale FC Erzgebirge Aue zu spüren, der trotz einer 1:0-Führung noch unterlag. Der eingewechselte Sebastian Arzt (90.) stürzte die müden Veilchen mit seinem Kontertor, das fast mit dem Schlusspfiff fiel, ins Tal der Tränen. Mit ihren Fans im Rücken bestimmten zunächst die Gäste von der ersten Minute an das Geschehen. Dass die Zwickauer nach reichlich 20 Minuten den ersten Schuss durch Ronny Jank auf das Auer Tor abgaben, war dabei bezeichnend für die Harmlosigkeit der Platzbesitzer. Und diese hatten großes Glück, dass es zur Halbzeit erst 0:1 stand. Bereits in der 7. Minute traf der starke Hagen Schmidt mit einem Kopfball nur die Querlatte des FSV-Kastens, den Nachschuss von Borislav Tomoski schlug ein Zwickauer erst im letzten Moment von der Linie. Die aggressiveren Erzgebirger agierten auch in der Folge überlegen. Vor allem den "Luftraum" beherrschten sie klar. Gute Kopfballchancen von Schmidt (28.), Grund (30.) und Zweigler (40.) blieben allerdings ungenutzt, und als Tomoski (45.) zum zweiten Mal die Querlatte traf, kam bei den FCE-Fans leichte Unruhe auf. Sie war unbegründet, Harun Isa traf kurz vor dem Halbzeitpfiff zum 1:0. Der Pausentee oder ein lautstarker Konrad Weise muss die Zwickauer geweckt haben. Plötzlich kamen sie zu Chancen (Weiß 47./50.) und nach glänzender Vorarbeit von Kvicha Shubitidze war das 1:1 durch Alexander Besser (54.) fällig. Mit dem Ausgleich kam mehr Schwung in die Partie. Aue antwortete mit wütenden, doch planlosen Angriffen. Zwickau wurde immer selbstbewusster und frecher. An der Seitenlinie wurde Trainer Gerd Schädlich immer unruhiger, er sah an seiner alten Wirkungsstätte das Unheil wohl schon kommen. Sebastian Arzt gab ihm und seinem Team, das mehr denn je um die dritte Liga zittern muss, schließlich eine ganz bittere Pille zu schlucken. Thomas Treptow, Freie Presse, Donnerstag 11. Mai 2000

Nach Debakel im Derby morgen das große Finale im Lößnitztal

FC Erzgebirge Aue muss gegen Erfurt unbedingt gewinnen - Eintrittspreise drastisch gesenkt

Der Stachel der Enttäuschung sitzt tief. Aber dem verlorenen Derby beim FSV Zwickau lange nachzutrauern, bleibt dem FC Erzgebirge Aue keine Zeit. Denn schon morgen geht es um Alles oder Nichts. Das letzte Heimspiel der Saison gegen Rot-Weiß Erfurt muss unbedingt gewonnen werden. Drei Punkte gegen die Thüringer - und die Veilchen wären endgültig für die dritte Liga qualifiziert. Dass es nach der glänzenden Hinrunde und den großartigen Heimsiegen gegen Sachsen Leipzig oder Spitzenreiter Union Berlin noch einmal derart eng werden würde, hätte niemand gedacht. Doch die Erfolge von gestern sind Schall und Rauch. Mit einer konfusen Leistung in der zweiten Halbzeit auf der Zwickauer Halde hat sich die Mannschaft selbst in die Bredouille gebracht und sich zum Saisonende noch einmal enorm unter Druck gesetzt. Das Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt, das wie gewohnt 14 Uhr beginnt, hat deshalb Final-Charakter. Der Bedeutung dieser Begegnung angemessen, hat der Vereinsvorstand gestern die Eintrittspreise drastisch reduziert. Frauen und Kinder bis sieben Jahre kommen kostenlos ins Stadion. Alle anderen zahlen nur einen symbolischen Preis von zwei Mark. "Wir hoffen morgen auf die Unterstützung der gesamten Region. Deshalb haben wir einen zusätzlichen Anreiz geschaffen, damit möglichst viele Zuschauer bei diesem entscheidenden Spiel ins Stadion kommen", sagte Präsident Uwe Leonhardt, der sich am Vormittag die Spieler zur Brust genommen hatte. "Sie haben sich alle sehr selbstkritisch geäußert. Jeder im Team weiß jetzt, worum es morgen geht", zog Leonhardt ein optimistisches Fazit nach der kurzfristig einberufenen Krisensitzung. Am Abend zuvor, unter dem direkten Eindruck der deftigen Niederlage durch ein Kontertor in der Nachspielzeit, war der Veilchen-Chef zur Pressekonferenz noch aufgebraust. Angsthasen-Fußball hatte nicht nur er der Mannschaft vorzuwerfen. Denn in Zwickau zu verlieren, ist für Aue eine Demütigung der besonderen Art. Und dass die Westsachsen als Schlusslicht die teilweise sogar vorführten, verschlimmerte den Gemütszustand bei Fans und Vorstand erheblich. Martin Henselin war über die zweite Halbzeit außer sich: "Die Spieler haben nur noch das Trikot über den Platz getragen eine Unverschämtheit gegenüber unserem Hauptsponsor, dessen Namen auf der Brust steht", wetterte das Vorstands-Mitglied. In der ersten Halbzeit waren die Fronten noch klar verteilt. Die Veilchen bestimmten als Favorit das Geschehen auf dem Rasen nach Belieben. Während den Gastgebern nur eine Statistenrolle blieb, hatten die Fans der Veilchen mehrfach den Torschrei auf den Lippen. "Wer bei derart hohen Temperaturen so hohes Tempo geht und sich so viele hochkarätige Chancen erarbeitet, muss mit einem sicheren Vorsprung in die Kabine gehen", sah Trainer Gerd Schädlich die Ursachen für die Niederlage bereits im ersten Durchgang. Doch es kam noch schlimmer. Denn nach dem Seitenwechsel waren die Veilchen völlig von der Rolle. Mit halbherzigen Aktionen und taktischen Fehlern machten sie die Zwickauer stark. Khvicha Shubitidze bekam niemand in den Griff. Nachdem er Steven Zweigler vernascht hatte, leitete er den Ausgleich ein. Selbst mit einem Punkt hätten die Gäste leben können. Aber in der Schlussphase gaben sie auch den Spatz noch aus der Hand und standen plötzlich mit leeren Händen da. "Wir waren zu blind, um zu gewinnen", brachte es der Trainer auf den Punkt. Die Blamage hat aber nun wohl allen Spielern die Augen geöffnet. Der FCE muss für die dritte Liga kämpfen. Gegen Rot-Weiß Erfurt wollen die Zuschauer Auer Spieler mit Leidenschaft und Herz sehen. Uli Steudel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Freitag 12. Mai 2000

Kopf hoch

Kommentar: Veilchen nach vorn treiben

Niederlagen bei Tabellenletzten sind für Fußballer und deren Fans eine Ohrfeige. Und wenn das auch noch dem FC Erzgebirge Aue in Zwickau passiert, dann wird aus der "Faunz" ein Faustschlag mitten in die lila-weiße Seele des Lößnitztals. Was sich die Veilchen auf der Halde geleistet haben, ist nicht zu entschuldigen, zumal selbst in der besseren ersten Halbzeit ausgerechnet die beiden Feldspieler am besten agierten, die den Verein nach der Saison verlassen. Für die anderen kann es deshalb morgen nur einen Ansporn geben - den entstandenen Eindruck vergessen zu machen. Das gelingt nur, wenn sie mit jenem Engagement zur Sache gehen, mit dem sie sich im Herbst zur Spitzenmannschaft mauserten. Ausreden wie Personalprobleme zählen gegen Erfurt nicht. Bis auf Libero Udo Tautenhahn und Marek Nowacki stehen alle Leistungsträger zur Verfügung. Auch Kapitän Enrico Barth rückt wieder ins Team. Doch leicht wird es nicht. Da die schon sicher geglaubte Qualifikation für die dritte Liga noch einmal in Frage steht, müssen jetzt alle, denen der Fußball im Lößnitztal am Herzen liegt, an einem Strang ziehen. Die Mannschaft braucht Unterstützung und keine Schuldzuweisungen für das Versagen in Zwickau. Wenn morgen eine große Kulisse die Veilchen gegen Erfurt unterstützt und wie ein zwölfter Mann zu drei Punkten treibt, dann wird es auch in Zukunft solche brisanten Fußballspiele im Erzgebirgsstadion geben, an denen wir alle unsere Freude haben. Uli Steudel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Freitag 12. Mai 2000

Zwickau bot Fußball mit Herz - Aber FCE-Boss ,Leo' tobte:

"König Fußball" lebt von Sensationen: Eine kleine war schon der 2:1 -Heimsieg des Tabellenletzten FSV gegen den Fast-Aufsteiger FC Erzgebirge! Danach tobte die Auer Chefetage wie noch nie. Boss Uwe Leonhardt: "Beim Erzrivalen in Zwickau zu verlieren, das ist für mich eine Demütigung - einfach das Schlimmste, was ich je erlebt habe." Auch Vizepräsident Martin Henselin war erbost: "Wer wie die meisten unserer Spieler das lila Trikot nur spazieren trägt, der hat es nicht verdient, für unseren Traditionsverein aufzulaufen. Was wir ein Jahr lang mühsam aufgebaut haben, das wird jetzt so jammerlasch preisgegeben." Gestern Vormittag knöpfte sich deshalb der erzgebirgische Top-Geschäftsmann "Leo" die sportliche Leitung und anschließend das Team vor: "Ich will jetzt vor jedem der restlichen drei Spiele wissen, wer in der Mannschaft steht. Aber Coach Gerd Schädlich hat trotzdem mein volles Vertrauen." Das braucht der Trainer jetzt auch. Denn seine Mannschaft wirkte nach einer soliden 1. Halbzeit in Runde 2 ausgesprochen desolat. Da wurde nicht mehr gespielt - vom Kämpfen überhaupt nicht zu reden! Was ehemalige Leistungsträger wie Jörg Kirsten und Borislav Tomoski anboten, das war unterm Strich einfach gar nix! In dieser Form werden sie in der neuen 3. Liga wohl meistens nur noch auf der Wechselbank hocken! Aber auch Peter Heidler und Holger Hasse sind total von der Rolle. Vor einem Jahr noch als Talente gehandelt, sind sie heute nicht mehr als Auslaufmodelle für die Oberliga. Noch einmal Klartext Leonhardt: "Die meisten haben sich einfach in die Hosen gemacht, doch ich kann sie in der alles entscheidenden Schlussphase nicht hinrichten." Aufgerichtet hat dagegen Trainer Konrad Weise in den vergangenen Wochen seine bis dahin total verunsicherten Rot-Weißen, die in den vergangenen sechs Partien vier Siege und ein Remis einfuhren. Und "Konny" wünschte den Auern artig den Aufstieg - lobte seine Männer: "Wie wir die Partie noch kippten, das war Fußball mit Herz." Ihm wäre zu wünschen, dass sein derzeitiger Stamm auch für die Oberliga zusammenbleibt... Wolfgang Konetzke, Chemnitzer Morgenpost, Freitag 12. Mai 2000