FSV Zwickau: Detlef Heinrich - Uwe Pohl, Lars Hermel, Steffen Kubatzky - Ralf Schneider, Ralf Wagner, Olaf Schreiber, Torsten Viertel - Thomas Leonhardt (27. Carsten Romanowsky), Maik Faßl, Robby Schneidenbach (27. André Barylla); Trainer: Gerd Schädlich
FC Wismut Aue: Jörg Weißflog - Mathias Jack, Volker Schmidt, André Köhler, Enrico Barth - Michael Geßner, Jens König, René Hecker, Steven Zweigler (46. Ronald Färber) - Jozef Medgyes, Stefan Persigehl; Trainer: Klaus Toppmöller
Tore: 0:1 Steven Zweigler (14.); 0:2 René Hecker (16.); 0:3 Jens König (23.); 1:3 Olaf Schreiber (32.); 1:4 Stefan Persigehl (63.)
Schiedsrichter: Klaus Peschel (Radebeul)
Zuschauer: 11238
Gelbe Karte: Olaf Schreiber (2.), Thomas Leonhardt, Ralf Schneider / Enrico Barth (5.), Stefan Persigehl (2.), Steven Zweigler
Rote Karte: - / André Köhler (65.)
Vergebener Elfmeter: Robby Schneidenbach (20., übers Tor) / -
Besondere Vorkommnisse: Das Spiel wurde abgebrochen, nachdem Chaoten das Spielfeld stürmten und Auer Spieler sowie den Schiedsrichter angriffen. Das Spiel wurde mit 1:4 gewertet, was dem Spielstand zum Zeitpunkt des Abbruchs entspricht.
FSV: Auf ganzer Linie versagt
Spielabbruch beim Stand von 4:1 für Wismut Aue
Über 11000 Zuschauer erlebten gestern kurz nach Dreiviertelsieben im Zwickauer Georgi-Dimitroff-Stadion eine Fußball-Tragödie. Beim Stande von 4:1 für Wismut Aue im Spiel gegen den bisherigen Tabellenführer der Liga-Staffel B FSV Zwickau mußte der Dresdener Referee Klaus Peschel die Begegnung, in der es bereits nach 23 Minuten 3:0 für die Erzgebirgler gestanden hatte, abbrechen. Nachdem der Auer König in der 66. Minute nach Foulspiel vom Platz gestellt worden war, stürmten mehrere Zuschauer das Stadioninnere und griffen Schiedsrichter und Spieler tätlich an. Ein Auer Spieler wurde zusammengeschlagen und verletzt.
CHAOTEN-OPFER: Betreuer bemühen sich um Aues Michael Geßner, nachdem dieser durch einen Faustschlag getroffen wurde. Foto: Kruczynski
Wismut Aue heißt der große Sieger des vorletzten Spieltages in der Fußball-Liga, wenn man das nach dem Ausgang und Abbruch des gestrigen Spieles noch so formulieren kann. Die Zwickauer Mannschaft, die schon in Thale beim 0:0 keine gute Figur gemacht hatte, wurde in keiner Phase des Spieles Herr ihrer Nerven und damit ihrer spielerischen Mittel. Schneidenbach und Leonhardt mußten schon nach einer halben Stunde vom Platz. Schreiber setzte, nachdem es schon 2:0 für den Gast stand, einen Elfmeter in die zweite Etage.
Als sich die Schädlich-Schützlinge wenigstens einigermaßen gefangen hatten, war das Spiel schon entschieden. Zuvor verteilten sie an die Erzgebirgler Einladungen zum Toreschießen en masse, die der Gast auch konsequent angenommen hat. Inner-halb von drei Minuten erzielten Zweigler per Kopf und Hecker nach klassischem Konter mit scharfem Flachschuß die Auer Tore eins und zwei. Als König mit einer direkt verwandelten Ecke den unsicheren Heinrich im Zwickauer Tor, der zuletzt hervorragende Kritiken erhalten hatte, überlistete, war die Entscheidung praktisch gefallen.
Zwar schöpften die Gastgeber noch einmal Hoffnung, als Schreiber mit einem Freistoßtor noch einmal verkürzte, aber auch in der zweiten Hälfte ließen sich die Auer kaum in Bedrängnis bringen, kontrollierten das Spiel und hatten selbst noch Möglichkeiten. Persigehl holte wenige Minuten vor dem Abbruch mit seinem insgesamt 22. Punktspieltor in dieser Saison den vierten Auer Treffer heraus und belohnte die disziplinierte Leistung seiner Mannschaft. Erik Kiwitter, Sachsenpost, 23.05.1991
Traditionsreiche Zwickauer Halde "bebte" - randalierende Zuschauer stürmten das Spielfeld
Trauriger Fußball-Höhepunkt in Zwickau und empörte, enttäuschte Sportanhänger
Die traditionsreiche Zwickauer Halde sollte noch einmal beben - beim hochstilisierten Endspiel und "Gipfeltreffen" der Liga Staffel B, zwischen FSV und Aue. Eine stimmungsvolle Kulisse von zehntausend Zuschauern wurde erwartet - 11238 kamen. Fast alle wollten ein interessantes, spannendes Fußballspiel sehen. Ein für Zwickauer Verhältnisse starkes Polizeiaufgebot von 183 Polizisten und 104 FSV-Ordner sollten für die Sicherheit innerhalb und außerhalb des Stadions sorgen. Scheinbar war man auf alles vorbereitet.
Polizeieinsatz im Skandalspiel. Foto: Kruczynski
Vom Anpfiff weg ging es auf dem grünen Rasen hart zur Sache. Zum Entsetzen der vielen Zwickauer Anhänger geriet die Heimelf, die eigentlich nur ein Unentschieden benötigte, aber natürlich im Derby der alten Rivalen unbedingt siegen wollte, schnell in Rückstand. Der Linienrichter entschied auf Tor. Unmittelbar danach wurde er von einem jugendlichen Zuschauer belästigt, der mühelos an den Spielfeldrand gekommen war und unbehelligt wieder verschwinden konnte. Zur Halbzeitpause entlud sich der Zorn jugendlicher Zuschauer und Randalierer über die konfuse Leistung ihrer FSV-Mannschaft in einer Steinschlacht mit Anhängern in der Auer Fankurve. Hier waren Polizeikräfte präsent und hatten die Lage noch im Griff. Als kurz nach Wiederanpfiff des völlig überforderten Schiedsrichters Peschel aus Dresden zwei Randalierer über den Absperrzaun kletterten und quer über das gesamte Spielfeld liefen, erkannten die Verantwortlichen immer noch nicht die Gefahr, die von dieser Gruppe ausging. Auf der Aschenbahn am Westhang standen lediglich drei Balljungen. Keine Ordner waren dort postiert, kein Polizeigürtel wurde dort gebildet, um weitere Rowdys am Betreten des Innenraumes zu hindern. Dabei werden solche Polizeimaßnahmen seit Jahren in Bundesligastadien erfolgreich praktiziert.
So kam. was kommen mußte (und viele Zuschauer schon zur Halbzeit befürchteten): Während eines Handgemenges zwischen den Spielern beider Mannschaften nach dem Platzverweis Köhlers (Aue) stürmten Rowdys auf den Platz, machten Jagd auf die Auer Spieler und das Schiedsrichterkollektiv. Dabei wurde Michael Geßner (Aue) schwer verletzt. Als der Stadionsprecher die "Genossen der Volkspolizei" ankündigte und der Einsatzleiter Polizisten ins Stadioninnere beorderte, war leider alles schon zu spät.
Man hatte offenbar aus den Vorfällen in Dresden nichts gelernt. Eine relativ kleine Gruppe jugendlicher Randalierer hatte zehntausend Sportanhängern einen Fußballabend verdorben. Mehr noch - einen Skandal provozieren und ungestört inszinieren können - zum Schaden des einst so angesehenen Zwickauer Fußballs. Wer hätte das verhindern können? Die Verantwortlichen des FSV? Die Ordnungs- und Polizeikräfte? Es war ein trauriger Höhepunkt für die "Halde". Und manch treuer Zuschauer, der dreißig Jahre und länger hier Höhen und Tiefen des Zwickauer Fußballs miterlebte, dachte beim vorzeitigen Verlassen des Stadions: Hier sieht mich so schnell keiner mehr. Friedrich Eismann, Freie Presse - Lokalsport Zwickau, 24.05.1991
Toppmöllers Pokerspiel nutzte doch nichts
4:1 -Sieger durch das Sportgericht - aber Aue war im Abbruchspiel von Zwickau die klar bessere Elf
Heiß ging es im 68. Westsachsen-Derbys zwischen Aue und Zwickau zu. Das 69. aber setzte allem die Krone auf: Sieben Gelbe Karten schon vor dem Wechsel, dann eine Rote gegen Aues Köhler. Und anschließend der Abbruch in der 66. Minute, weil Chaoten den Rasen stürmten.
Das Sportgericht sprach Aue den 4:1-Sieg zu, aber das nutzte den Wismut-Männern wenig, denn nur 48 Stunden nach dem Spruch des Sportgerichts waren alle Hoffnungen auf die Teilnahme an der Relegationsrunde für die 2. Bundesliga zerplatzt wie eine Seifenblase. Der 4:1-Sieg über Weimar reichte nicht, weil die Zwickauer bei Tiefenort neun Tore schossen.
Dabei war die Wismut-Überlegenheit im direkten Vergleich mit dem Konkurrenten Zwickau am vorigen Mittwoch offensichtlich. Tore von Zweigler (14.) nach einem Eckball, Hecker (16.) mit präzisem 18-m-Schuß sowie König (23.) mit einem direkt verwandelten Eckball hatten die Zeichen früh auf einen Gäste-Sieg gesetzt. "Konter kalt wie Hundeschnauze", lobte Trainer Toppmöller. Daß Schreiber einen Elfmeter für Zwickau in die Wolken setzte, macht die Nervenschwäche des jetzigen Staffelsiegers an jenem Tag deutlich. Die Zwickauer besaßen die einmalige Chance, schon mit einem Unentschieden so gut wie alles zu klären, scheiterten aber kläglich. Heinrich, fünf Tage zuvor noch der Held vom 0:0 in Thale, hatte als Torwart hinter einer zappeligen Deckung einen schwarzen Tag erwischt. Aber auch die anderen Zwickauer spielten wie von allen guten Geistern verlassen. Mit einem Wort: amateurhaft.
Wismut dagegen war auf die Sekunde hellwach. Aber Trainer Klaus Toppmöller hatte gepokert: "Wir wußten, alles hängt allein von diesem Spiel ab. Darauf arbeiteten wir hin." Nun hing doch nicht alles von diesem Spiel ab. Auch wenn die Auer gegen Zwickau alle vier Punkte bei 9:4 Toren holten. Vorstopper André Köhler übrigens wird die Auer auf jeden Fall wieder verlassen. Er ist ohnehin nur für diese Saison von Eintracht Frankfurt ausgeliehen und kehrt zurück ins Waldstadion. Verblüffend Toppmöllers Urteil über ihn: "Es gibt keine drei Manndecker in Deutschland, die besser sind als er, Nationalspieler Beiersdorfer eingeschlossen." Egon Harms, Kicker, 27.05.1991
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