Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1995/96

Spielbericht

21. Spieltag - Mittwoch, 24.04.1996 - 18:00

FC Erzgebirge Aue - Tennis Bor. Berlin 0:1 (0:1)

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Ronny Thielemann, Sven Köhler, Moudachirou Amadou - Jens Kempe, Jan Schmidt, Jens Haustein, Borislav Tomoski, Udo Fankhänel - Mirko Ullmann (78. Jörg Palke), Henry Berg; Trainer: Ralf Minge

Tennis Bor. Berlin: Marco Sejna - Olaf Kapagiannidis, Taskin Aksoy, Jörg Weber - Martino Gatti, Olaf Backasch, Michail Rousajew, Uli Bayerschmidt, Mike Klenge - Harun Isa, Thomas Adler (63. Niels Mackel); Trainer: Rainer Zobel

Tore: 0:1 Jörg Weber (7.)

Schiedsrichter: Stefan Weber (Eisenach)

Zuschauer: 1000

Gelbe Karte: Jens Haustein / Michail Rousajew, Jörg Weber

Es sollte nicht sein

Aue gegen Spitzenreiter TeBe Berlin überlegen, aber erfolglos

"Unser knapper Sieg war sehr glücklich!" schätzte Gästetrainer Rainer Zobel die Nachholepartie der Fußball-Regionalliga am Mittwochabend nach Spielschluß ein. Bereits vor dem Anpfiff übte sich der TeBe-Coach in Skepsis. Einerseits beklagte er den kurzfristigen Ausfall seines Regisseurs, des Mannschaftskapitäns Jörn Lenz, andererseits erinnert er sich der starken Hinspielleistung der Auer, als sich TeBe nur knapp mit 2:1 behaupten konnte. Am Mittwoch mußte sich der FC Erzgebirge dem Tabellenführer zum zweiten Mal beugen, diesmal mit 0:1.

Aber TeBe konnte nur in der Anfangsphase überzeugen. Nach einem verheißungsvollen Kopfball durch Sturmspitze Harun Isa gingen die Berliner bereits in der 7. Minute in Führung. Abwehrrecke Jörg Weber, der vor allem bei Standardsituationen mit aufrückte, drückte eine Rousajew-Ecke mit wuchtigem Kopfball unhaltbar ins rechte Toreck. Wer nun mit einem Schützenfest der Borussen rechnete, sah sich getäuscht. Die Minge-Elf, in der Mirko Ullmann diesmal von Beginn an spielte, zeigte sich keinesfalls geschockt. Mit viel Einsatz wurde dem Favoriten getrotzt. In der 19. Minute wäre fast der Ausgleich gelungen, doch Ullmanns 22-Meter-Freistoß donnerte nur an den rechten Pfosten. Gästetorhüter Marco Sejna hätte keine Chance zum Eingreifen gehabt. In der Folge entwickelte sich ein kurzweiliges Spiel, in dem beide Abwehrreihen dominierten. Hochprozentige Chancen blieben deshalb Mangelware. Lediglich TeBe-Stürmer Adler kam vor der Halbzeitpause noch einmal in eine gute Schußposition, die er aber leichtfertig vergab. Auf Auer Seite bot sich Jan Schmidt die Chance zum Erfolg. Doch seinen Kopfball (31.) lenkte Sejna über die Querlatte.

Henry Berg (links) beim Kopfballduell. Am Kampfgeist fehlte es den Kickern des FCE gegen TeBe Berlin nicht. Was fehlte, war mehr Drang zum Tor und Glück.

In der zweiten Hälfte sah sich der Favorit plötzlich in seine eigene Hälfte gedrängt und kam nur noch sporadisch zu Kontern. Aue hatte nun Feldvorteile. Allerdings versandeten die meisten Angriffe bereits vor dem Strafraum der Gegner. Zu stereotyp, meist mit hohen Flanken, war das Angriffsspiel zu durchsichtig angelegt. Der sattelfesten Gästeabwehr gelang es immer wieder, den Auer Sturmspitzen den Schneid abzukaufen. Aber auch das hochgelobte Stürmerpaar der Borussen, Isa und Rousajew, konnte sich nicht entscheidend in Szene setzen. Beide waren bei Ronny Thielemann - er gehörte zu den Besten der Auer Elf - und Amadou in guten Händen. So mußte Aues Keeper Sven Beuckert in der 2. Halbzeit nicht einmal ernsthaft eingreifen. Bei mehr Konstruktivität im Aufbau und entsprechender Durchschlagskraft im Sturm hätte der Tabellenführer durchaus eine böse Überraschung erleben können.

So aber schaukelte man den knappen Vorsprung über die Zeit und hatte kurz vor Schluß auch noch das nötige Quentchen Glück. Denn Berlins Torhüter Sejna war in der 84. Minute erneut machtlos und heilfroh, daß ein Fallrückzieher von Henry Berg vom eigenen Verteidiger zur Ecke geschlagen wurde. Der verdiente Ausgleich blieb damit den wacker kämpfenden Auer Veilchen versagt. Da nutzte auch die Hereinnahme von Jörg Palke für den erschöpften und formverbesserten Ullmann in der Schlußphase nichts mehr. Trotz der Niederlage zollte Ralf Minge seiner Truppe Lob. "Meine Spieler sind bis an ihre Leistungsgrenze gegangen. Ich ziehe den Hut vor meiner Mannschaft", resümierte Trainer Ralf Minge. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 25.04.1996

Kiebitze und Kraftakte

Matz Vogel macht seinem Namen alle Ehre. Der Trainer vom Zweitbundesligisten FC Carl Zeiss Jena war am Mittwochabend als Kiebitz im Auer Erzgebirgsstadion. Sein besonderes Augenmerk galt dabei nicht den Gastgebern, vielmehr den Spielern von TeBe Berlin. War da vielleicht eine Verstärkung für die kommende Saison in Sichtweite? So recht begeistert war Eberhard Vogel dann aber doch nicht von den Leistungen auf dem Feld. Ohne Verstärkung könnten die beiden Mannschaften in der 2. Bundesliga nicht bestehen, urteilte das Fußball-Idol, das mit seinem satten Linksschuß früher für so manches Tor, auch im Lößnitztal, gesorgt hatte.

Während Profi-Trainer Vogel auf der VIP-Tribüne Platz genommen hatte, drückte Nordhausens Coach Koschlick mit seiner Gattin die härtere Bank - ganz wie im richtigen Leben. Für die Wackeraner steht eine harte englische Woche an, die am Wochenende gegen Optik Rathenow beginnt und nach dem Pokalfight am 1. Mai gegen Jenas Amateure mit dem Punktspiel ge- gen TeBe endet. Also auch Koschlick beäugte in erste Linie die Berliner. Obwohl die Borussen seiner Meinung nach zu wenig zeigten für einen Spitzenreiter, wird Nordhausen, wo das Training erst 16 Uhr nach getaner Arbeit beginnt, wohl kaum eine Chance haben. Wenn man doch in Nordhausen solche Bedingungen hätte wie in Aue, mag er gedacht haben.

Als Aufstiegsaspirant habe er die Veilchen schon vor der Saison nicht gesehen. Das Ziel war einfach zu hoch angesetzt, meinte der zweite Kiebitz. Doch gerade an diesem Ziel will man in Aue unbedingt festhalten. "Mit einem neuen Investitionsprogramm wollen die wichtigsten Sponsoren noch einmal einen Kraftakt wagen", kündigte Präsident Uwe Leonhardt nach einer richtungsweisenden Vorstandssitzung mit Blick auf die neue Saison an. Uli Steudel, Freie Presse, 25.04.1996