Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1995/96

Spielbericht

23. Spieltag - Samstag, 02.03.1996 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - FC Berlin 2:3 (1:1)

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - René Krasselt, Sven Köhler (56. Frank Baumann), Moudachirou Amadou - Jan Schmidt, Udo Fankhänel, Borislav Tomoski (46. Henry Berg), Ronny Thielemann, Boris Lucic, Jörg Palke (46. Mirko Ullmann) - Danilo Kunze; Trainer: Ralf Minge

FC Berlin: Daniel Bartel - Roman Müller, Heiko Brestrich, Mario Maek - Jens Reckmann, Thomas Dahlke, Mario Kallnik, Daniel Petrowsky (86. Mathias Lau), Thoralf Arndt (87. Mario Dzajic) - Mikhail Pronichev, Michael Franke; Trainer: Werner Voigt

Tore: 1:0 Jan Schmidt (26.); 1:1 Moudachirou Amadou (Eigentor, 30.); 1:2 Mario Maek (Foulelfmeter, 52.); 1:3 Mario Maek (Foulelfmeter, 56.); 2:3 Mirko Ullmann (62.)

Schiedsrichter: Klaus-Dieter Voigt (Kleinkoschen)

Zuschauer: 2000

Gelbe Karte: Boris Lucic / Mario Maek

Gelb/Rote Karte: - / Mikhail Pronichev (83.)

Rote Karte: Sven Beuckert (56.) / -

Strafstöße erhitzen die Gemüter

Im Auer Lößnitztal sollte am Samstagnachmittag ein richtiges Fußballfest steigen. Zahlreiche Helfer hatten während der letzten Woche schier Unmögliches geleistet, damit der Platz bespielt werden konnte. 30 Tonnen Sand mußten aufgetragen werden. Vor dem Spiel wurde eine zehn Zentimeter Neuschneedecke abgetragen. Alle Mühen waren zumindest vom Ergebnis her umsonst. Wie im Vorjahr (4:2 für den FC Berlin) gingen die Berliner erneut als Sieger vom Platz.

Trost für Libero Sven Köhler (Nr. 3), der das Feld für den Auer Ersatztorwart Frank Baumann räumen mußte: FCE-Präsident Uwe Leonhardt (Mitte) sowie die Vizepräsidenten Helge Leonhardt (r.) und Martin Henselin (l.). Foto: Gläser

Trainer Ralf Minge fand nach dramatischen 90 Spielminuten nur schwer die Worte: "In der ersten Halbzeit haben wir miserabel gespielt. Im Nachgang muß ich meine personelle Aufstellung überdenken. Die Niederlage tut richtig weh. Aber wir werden den Kopf nicht hängen lassen."

Minge hatte die Partie mit der gleichen Besetzung wie bei Sachsen Leipzig begonnen. Doch diese Variante zeigte sich als völlig harmlos. Was die Auer Spieler ihrem treuen Publikum in der ersten Halbzeit boten, grenzte an Arbeitsverweigerung. So kann man sich nicht in der Spitze der Fußball-Regionalliga behaupten. Der 1:0-Führung durch Jan Schmidt (26.) - Boris Lucic hatte per Eckball die Vorarbeit geleistet - folgte vier Minuten später ein unglücklicher Ausgleichstreffer durch ein Eigentor von Amadou.

Nach dem Seitenwechsel spielten die Gastgeber aggressiver. Zwischen der 52. und 62. Minute überschlugen sich die Ereignisse. Innerhalb von vier Spielminuten verhängte Klaus-Dieter Voigt zwei Strafstöße gegen Aue. Zumindest beim zweiten bewies Voigt kein Fingerspitzengefühl. Aues Präsident Uwe Leonhardt ging in der Pressekonferenz noch einen Schritt weiter: "Herr Voigt, der Vereinsmitglied beim 1. FC Union Berlin ist, ist für mich ein Attentäter. Seine Fehlentscheidungen waren eindeutig."

Hoffnung für die strafstoßgebeutelten Erzgebirger: Mirko Ullmann (r.) traf in der 62. Minute zum 2:3. Berlins Torhüter Daniel Bartel (l.) war da machtlos. Doch ein weiteres Mal brauchte er den Ball nicht aus dem Netz zu holen. Foto: Gläser

Bei Aues Torwart Sven Beuckert brannten die Sicherungen nach dem Pfiff durch. Mit einem Rempler beförderte er den Unparteiischen in den Schnee. Platzverweis war die logische Konsequenz. Die Berliner ließen sich ihrerseits die Chancen nicht entgehen. Mario Maek verwandelte jeweils sicher. Was dann noch folgte, war ein Sturmlauf der Erzgebirgler. Aufgebrachte Zuschauer und Betreuer trieben die Veilchen immer wieder nach vorn. Aber mehr als der 2:3-Anschlußtreffer durch Mirko Ullmann sprang nicht heraus. Kurz vor Spielschluß mußte Gästestürmer Pronichev nach Gelb-Rot ebenfalls zum vorzeitigen Duschen. Für die Auer Veilchen dürften mit dieser Niederlage die Aufstiegsträume ausgeträumt sein. Lothar Bösecke, Freie Presse, 04.03.1996

Offene Fragen

Aus meiner Sicht, von Jürgen Ullmann

Es fällt diesmal sehr schwer, nach dem Auer Regionalliga-Spiel gegen Berlin ein nüchtern-sachliches Resümee zu ziehen. Dieses Problem wird mit Sicherheit auch die Fußballverantwortlichen im Auer Traditionsverein beschäftigen. Wo sind die Ursachen für diese schwere Niederlage zu suchen? Lag es an der Einstellung der Aktiven, die einen vermeintlichen Außenseiter unterschätzten? Die erste Halbzeit könnte ein Indiz dafür sein! Muß man in der Kritik auch den Trainer einbeziehen, der anfangs - ohne die etatmäßigen Stürmer Ullmann und Berg eine zu defensive Mannschaft aufs Feld schickte?

Ist das Libero-Problem in Aue auf Dauer nicht zu lösen? In entscheidenden Spielen, so auch gegen Berlin, wurde dieses Manko deutlich aufgezeigt. Muß man letztlich nur die Schuld bei einem nicht überzeugenden Schiedsrichter suchen? Ich behaupte, daß mit einer sattelfesten Abwehr - eben mit einem stellungssicheren Libero - zweifelhafte Situationen wie am Sonnabendnachmittag eingeschränkt werden können. Sprich, daß mit entsprechender Spielweise der Auer 16-Meter-Raum für den Gegner so abgeschirmt wird, daß Strafraumaktionen aus seiner Sicht die Ausnahme bleiben. Und damit auch Ermessensentscheidungen der Männer in Schwarz gar nicht erst heraufbeschworen werden. Hier sollte aus meiner Sicht der Hebel angesetzt werden, denn verbale Urteile gegen Entscheidungen der Referees helfen nicht weiter.

Fakt ist, daß wie schon oft in den vergangenen Jahren - sich bietende günstige Tabellenkonstellationen ungenutzt bleiben. Diesmal nach der 0:1-Niederlage von TeBe gegen Dresden. Und dazu kommt nun ein neues, nicht zu unterschätzendes Problem, das in Aue in den letzten Jahren eigentlich kein Thema war: Kann sich der FCE in der Verfolgerrolle mit einem Torwart behaupten, der im Vorjahr noch das Gehäuse einer Kreisligamannschaft hütete? Stammtorhüter Sven Beuckert muß sicher mit einigen Spieltagen Sperre rechnen. Die Fußballverantwortlichen in Aue sind nun gefordert, diese diffizile Situation im Verein zum Guten zu klären. Jürgen Ullmann, Freie Presse, 04.03.1996