Saisonstatistiken des FC Erzgebirge Aue

Regionalliga Nordost 1996/97

Spielbericht

13. Spieltag - Samstag, 02.11.1996 - 14:00

FC Erzgebirge Aue - VFC Plauen 1:1 (0:1)

FC Erzgebirge Aue: Sven Beuckert - Jörg Palke, Dirk Rettig, Moudachirou Amadou - Ronny Thielemann, Rico Reinold (71. Henry Berg), Jörg Leonhardt (55. Udo Fankhänel), Carsten Romanowsky, Dirk Hempel (50. Steven Zweigler) - Borislav Tomoski, Mike Sadlo; Trainer: Lutz Lindemann

VFC Plauen: Jens Golle - Heiko Riedel, Ronald Färber, Maik Soschinski - Arnd Spranger, Jens Starke, Steffen Dünger (85. Andreas Luft), Detlef Rabe, Steffen Binke - Mario Brömßer, Andriy Zapyshnyi (72. Axel Schröter); Trainer: Frank Papritz

Tore: 0:1 Andriy Zapyshnyi (2.); 1:1 Ronny Thielemann (51.)

Schiedsrichter: Christian Schößling (Leipzig)

Zuschauer: 3800

Gelbe Karte: Moudachirou Amadou, Carsten Romanowsky, Mike Sadlo, Ronny Thielemann / Detlef Rabe, Jens Starke, Steffen Dünger

Gelb/Rote Karte: Borislav Tomoski (88.) / Ronald Färber (69.)

Schiedsrichter Schößling in der Schußlinie

Angstgegner Plauen entführt Punkt beim FC Erzgebirge - Referee mit Begleitschutz abgeführt

Es hätte ein Fußball-Fest werden können, das Regionalliga-Derby zwischen dem FC Erzgebirge Aue und dem VFC Plauen am Samstag. Doch kurz vor Schluß wäre die emotionsgeladene Partie, die leistungsgerecht 1:1 endete, fast noch aus allen Fugen geraten. Nur mit Begleitschutz konnte der 23jährige Schiedsrichter Christian Schößling aus Leipzig die Arena im Lößnitztal verlassen.

"Der Schieri hat für beide Seiten umstrittene Entscheidungen getroffen. Die Ampelkarte für Borislav Tomoski bleibt mir allerdings völlig unverständlich. Daß wir nicht gewonnen haben, lag aber an uns selbst. Bei dem frühen Gegentor waren wir wohl noch in der Kabine", übte FCE-Kapitän Ronny Thielemann Selbstkritik, denn die Gäste waren schon in der zweiten Minute durch einen Kopfballtreffer des Ukrainers Andrej Zapyshnyi in Führung gegangen. Die Vogtländer feierten den Punktgewinn wie einen Sieg. "Der war durchaus möglich, aber auch mit dem Unentschieden sind wir sehr zufrieden. Ohne Ausnahmen hat jeder in der Mannschaft großartig gekämpft", freute sich VFC-Libero Ronald Färber, der selbst viele Jahre für Aue dem Leder nachjagte und den noch immer familiäre Bande mit dem Erzgebirge verbinden. So konnte der Routinier am Abend mit seinem Nachwuchsleiter beim FC Erzgebirge Aue, die Partie noch einmal Revue passieren lassen.

Plauens Torhüter Jens Golle kann klären. Aues Stürmer Steven Zweigler (rechts) und VFC-Spieler Maik Soschinski beobachten die Szene. Foto: Frank Kruczynski

Plauen hatte einen Start nach Maß. Unmittelbar nach dem Anpfiff zirkelte Steffen Dünger einen Freistoß von der Eckfahne in den Strafraum, wo Zapyshnyi unbedrängt einköpfen konnte. VFC-Torhüter Jens Golle mußte bis zur Pause nicht einmal ernsthaft eingreifen. "Angstgegner gibt es im Fußball nun einmal. Wir sind der von Aue", ist der Keeper überzeugt. "Meine Mannschaft hat erst mit der 46. Minute begonnen, Fußball zu spielen", schimpfte FCE-Trainer Lutz Lindemann, der schon nach zehn Minuten vom Unparteiischen auf die Tribüne verbannt worden war. "Herr Lindemann hat von Beginn an Entscheidungen des Schiedsrichters kommentiert und kritisiert. Als er dann eigenmächtig die Coachingzone vergrößert und verlassen hat, mußte ich einen Innenraumverweis aussprechen", rechtfertigt Referee Schößling seine Entscheidung, die ihm schon frühzeitig den Zorn vieler Zuschauer einbrachte. Hinter dem Gitter des Sicherheitszauns mußte Lindemann mit ansehen, wie der Gegner vor dem Seitenwechsel, meist über den agilen Mario Brömßer, gefährliche Konter aufzog.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit erwachte der Kampfgeist der Erzgebirger, der schon in der 51. Minute belohnt wurde. Thielemann traf aus reichlich 20 Metern zum Ausgleich. Danach wurden wieder beste Chancen, die größte von Mike Sadlo, vergeben. Ein Handspiel eines VFC-Spielers im eigenen Strafraum übersah das Schiedsrichtergespann, obwohl es selbst Plauens Assistenztrainer Andreas Meyer bemerkt hatte. Nachdem der FCE auch aus dem Überzahlspiel nach der Ampelkarte für Färber (69. wegen Foulspiels) kein Kapital schlagen konnte, endete das Derby mit einem traurigen Höhepunkt. Nach der gelb-roten Karte für Spielmacher Tomoski wegen "Elfmeterschindens" konnten Ausschreitungen - einige Unverbesserliche hatten schon den Innenraum gestürmt - gerade noch verhindert werden. Aues Vizepräsident Martin Henselin, zuständig für die Sicherheit im Stadion, war außer sich: "Ich habe in meiner ersten Aufregung den Schiedsrichter als unerwünschte Person erklärt, und ich bleibe dabei." Uli Steudel, Freie Presse, 04.11.1996

Zu bunt

Auszeit, von Uli Steudel

Von Derbys geht im Fußball immer besonderer Reiz aus, und die Emotionen schlagen hohe Wellen. Das ist zwischen Bayern und 1860 München nicht anders als zwischen Aue und Plauen zwei Klassen tiefer. Derbys verlangen daher nach umsichtiger Spielleitung mit viel Sensibilität für die jeweilige Situation. Das kann nur mit Erfahrung gemeistert werden. Genau daran mangelte es dem 23jährigen Leipziger Christian Schößling, der in der Regionalliga-Partie am Samstag im Lößnitztal selbstbewußt und dennoch unglücklich agierte.

Mit Blick in Richtung 2. Bundesliga vom Verband unter Leistungsdruck gesetzt, hatte der Referee, um vieles jünger als die Routiniers unter den Spielern beider Mannschaften, schon zeitig so viele Gelbe Karten verteilt, daß er gegen Ende der Partie in immer schwierigeres Fahrwasser geriet. Neun Gelbe und zwei Gelb-Rote Karten dokumentieren nicht etwa ein unfaires Spiel, sondern fehlendes Fingerspitzengefühl eines überforderten Schiedsrichters. Uli Steudel, Freie Presse - Lokalsport Aue, 04.11.1996